Elektrische Geräte steuern unseren Alltag

Ein Leben ohne Elektrizität können wir uns heute überhaupt nicht mehr vorstellen. Der Strom aus der Steckdose ist so selbstverständlich geworden, dass man darüber nicht nachdenkt. Doch das war nicht immer so. Den Umgang mit elektrischen Geräten, besonders im Haushalt, mussten unsere Großmütter erst einmal lernen.

So gut wie alles, was wir heute benutzen, hat mit Elektrizität zu tun. In unseren Steckdosen fließt immer Strom. Tag und Nacht. Normal, oder? Was für die heutige Gesellschaft selbstverständlich ist, war zu Zeiten unserer Urgroßmütter und Großmütter noch eine Seltenheit. 1920 hatten erst zehn Prozent der deutschen Haushalte einen Stromanschluss. „Elektrizität war teuer, die Anschlusskosten waren hoch, ebenso die Tarife. Das war ein Luxus, den sich anfangs nur reiche Leute leisten konnten“, berichtet Horst D. Kreye vom Berliner Energiemuseum.

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1930: Vorführung des ersten elektrischen Staubsaugers, Foto: Vattenfall

Anfänge der Elektrifizierung

In der Abteilung Anwendungstechnik des Museums, kann anhand vieler historischer Exponate nachvollzogen werden, wie die Elektrifizierung in die Haushalte einzog. „Vom Heizgerät von 1890 über elektrische Bügeleisen aus allen Jahrzehnten seit 1911 bis hin zu den ersten Elektroherden aus den zwanziger Jahren haben wir alles da“, erklärt Horst D. Kreye.

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Auf die erste elektrische Waschmaschine von Miele, ein Prunkstück der Sammlung,
verweist Horst D. Kreye stolz. Foto: Vattenfall

Sogar ein Exemplar der ersten elektrisch betriebenen Miele-Waschmaschine von 1914 lässt sich bestaunen. Natürlich sind auch die nachfolgenden Jahre bis heute mit entsprechenden Exponaten abgedeckt. Ebenfalls im Energiemuseum zu sehen: Lampen, Birnen, Leuchten – von den ersten Kohlefadenlampen bis zum heutigen LED. „Anfangs diente die Elektrizität fast ausschließlich Beleuchtungszwecken“, erklärt Horst D. Kreye. „Das heißt, tagsüber, wenn kein künstliches Licht nötig ist, wurde auch kaum Strom konsumiert. Das war für die Elektrizitätswerke, die den Strom ja kontinuierlich produzierten und nicht speichern konnten, eine Herausforderung“. Um die Belastungsspitzen in den Morgen- und Abendstunden auszugleichen, musste der Tageskonsum angeregt werden. Nach der elektrischen Straßenbahn und Industrieanlagen bot sich da als potenzieller Kunde der Haushalt an.

Heißluftdusche und Entstaubungspumpe

Die dazu nötigen entsprechenden elektrischen Erfindungen gab es alle schon. Das elektrische Bügeleisen war 1903 erfunden worden, 1907 kam unter der Bezeichnung „Entstaubungspumpe“ der erste elektrische Staubsauger auf den Markt, ein Jahr später folgte die elektrische „Heißluftdusche“ – heute besser bekannt als Fön. Der elektrische Toaster wurde 1909 entwickelt. Im Jahr 1913 hätte man schon den ersten elektrischen Kühlschrank und sogar einen elektrischen Geschirrspüler kaufen können. „Vorausgesetzt, man hätte es sich leisten können“, schränkt Horst D. Kreye ein und erläutert: „Solche Produkte waren damals noch keine Massenware und entsprechend unerschwinglich. Und dann, bevor es mit den Elektrogeräten richtig losgehen konnte, kam ja auch der Erste Weltkrieg. Da gab es dann andere Probleme.“

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1930: Bügeln im Vorführraum am Hermann-Platz, Foto: Vattenfall

Elektrifizierung geht voran

Ab den zwanziger Jahren nahm das Thema Elektro dann allmählich Fahrt auf. 1925 war ein Viertel aller Berliner Haushalte elektrifiziert, 1928 waren es schon 55 Prozent, weitere fünf Jahre später hatten 76 Prozent aller Berliner Haushalte einen Stromanschluss. Das lag daran, dass einerseits Elektrogeräte wie Bügeleisen und Kochherde in Serienproduktion gingen und zunehmend erschwinglich wurden, zum anderen hatten die Elektrizitätswerke für elektrisch kochende Haushalte einen günstigeren Tarif eingeführt, der 8 Pfennig kostete – im Gegensatz zum normalen Stromtarif von 20 Pfennig pro Kilowattstunde.

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1932: Lehrküche der BEWAG Schiffbauerdamm, mit Anordnung der Kochstromzähler,
Foto: Vattenfall

Am Anfang wollte allerdings niemand elektrisch kochen. Kleinere elektrische Haushaltshelfer hatten zwar vergleichsweise schnell Verbreitung gefunden, aber das Kochen mit Strom wurde von den Hausfrauen noch strikt abgelehnt. 1928 hatten in Berlin schon 40,3 Prozent der Haushalte ein elektrisches Bügeleisen und 20 Prozent einen Staubsauger, aber nur ein Prozent einen elektrischen Herd beziehungsweise eine Kochplatte. „Die Hausfrauen hatten Angst vor dem Ding“, erklärt Horst D. Kreye, „Die musste ihnen erst mal genommen werden“.

Kochen mit Strom 

Den Hausfrauen die Scheu vor dem elektrischen Kochen zu nehmen, war Aufgabe der Lehrküchen der Bewag, Vattenfalls Vorgängerunternehmen. Bereits seit den 20er Jahren hatte das Unternehmen verschiedene Beratungsstellen für Elektrogeräte eingerichtet. Anfang der dreißiger Jahre wurden diese um Lehrküchen erweitert.

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1933: Eine Kochvorführung in der Lehrküche am Schiffbauerdamm, Foto: Vattenfall

Die Kochvorführungen und -kurse der Bewag kamen so gut an, dass in den Folgejahren überall in Berlin weitere Einrichtungen eröffnet wurden. Gründerin und Leiterin der Lehrküchen, Elisabeth Meyer-Haagen, schreibt 1933: „Ein Kochkurs dauert vier Tage. In der schönen, hellen Küche sind sieben Herde verschiedener Firmen aufgestellt. Es arbeiten immer zwei Teilnehmerinnen an einem Herd. Dem praktischen Kochen voraus gehen stets kurzgefasste, verständlich gehaltene Vorträge über den Aufbau und die Handhabung des Elektroherdes und über allgemeine elektrotechnische Begriffe.“ Ab 1936 gab das Unternehmen unter dem Titel „Das elektrische Kochen“ auch ein Kochbuch heraus. Es wurde jährlich aktualisiert und eroberte sich rasch einen Platz in den Haushalten.

Nachkriegszeit und Wirtschaftswunder

Durch den Zweiten Weltkrieg kam die Wirtschaft zum Erliegen. Doch schon 1949 fuhren wieder erste Reklamewagen der Bewag durch die Stadt und warben für die Kurse in den wieder eröffneten Lehrküchen.

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1950: BEWAG Werbung für den Einzug der neuen Haushaltstechnik, Foto: Vattenfall

Auch das blaue Kochbuch wurde 1949 neu aufgelegt und enthielt, der Zeit entsprechend, Rezepte für das kreative Kochen in lebensmittelknappen Verhältnissen. In den Lehrküchen ging es in jenen Jahren erstmals auch um das Thema Energiesparen. In den 1950er-Jahren wurden dank Wiederaufbau und Wohnungsneubau Elektroinstallationen in jeder Wohnung zum Standard. Die Liste der Geräte im heimischen Maschinenpark wuchs: Erst tauchten elektrische Heizstrahler, Luftbefeuchter und Höhensonnen auf, später Nachtspeicherheizungen, mit denen die Versorger die Absatz-Lücken in den verbrauchsarmen Zeiten füllten. Tiefkühltruhe, Brotschneidemaschine und Mikrowelle folgten.

Energieeffizienz im Haushalt

Unbeachtet der Ölkrise setzte sich in den siebziger Jahren der Trend zur vollständigen Elektrifizierung der Haushalte und aller Lebensbereiche kontinuierlich fort. Entsprechend wurden auch die Elektrogeräteberatung und die Kochkurse in den Lehrküchen weiter ausgebaut. „Die Achtziger und Neunziger Jahre waren eine Blütezeit der Kundenzentren“, erzählt Kerstin Jorns. Die ausgebildete Ökotrophologin kam 1988 zur Bewag, wo sie bis zur Schließung der letzten Beratungsstelle Anfang der 2000er Jahre als Elektroberaterin tätig war und Kochkurse gab. Heute arbeitet sie im Bereich Schule und Jugend bei Vattenfall. „In allen großen Stadtvierteln hatten wir Beratungsstellen und Lehrküchen, nach der Wende auch im Osten. Der Bedarf war riesig. Von der Kaufberatung für den Brotbackautomaten bis zu kompletten Haushaltskursen, Lehrgängen über energieeffizientes Kochen oder Fortbildungen für Hauswirtschaftslehrer haben wir alles gemacht“, berichtet sie. Geblieben ist davon noch die Lehrerfortbildung. „Dort zeigt sich, dass es nach wie vor Bedarf an unserem Angebot gibt“, sagt Kerstin Jorns. „Viele angehende Lehrer, die später mal den Schülern gesundes Kochen beibringen sollen, sind selber schon mit Fastfood und Mikrowelle aufgewachsen. Da machen wir teilweise erst mal Grundlagenarbeit“.

Elektrogeschichte zum Anfassen

Wer sich die Geschichte der Elektrifizierung noch einmal anhand der verschiedenen Haushaltsgeräte vor Augen führen möchte, kann dies im Berliner Energiemuseum tun. Nach telefonischer Absprache öffnen sich dann unter anderem die Wunderkammer der Anwendungstechnik und der Kommunikationstechnik für interessierte Besucher. Und egal welchen Alters, jeder wird garantiert auf das eine oder andere Stück treffen, das er aus dem eigenen Erleben noch kennt. „Ach, genau sowas hatten wir früher auch“, ist hier bei Führungen immer der meistgehörte Satz“, lacht Horst D. Kreye.

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Eine Vielzahl elektrischer Kleingeräte präsentiert das Energiemuseum Berlin sorgsam aufbereitet,
Foto: Vattenfall

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Das „Blaue Kochbuch“  „Das elektrische Kochen“ wird seit 1936 herausgegeben und ist heute so beliebt wie damals. Regelmäßig aktualisiert, wird es heute von der Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung e.V. herausgegeben und steht auch nach 80 Jahren bei Köchen hoch im Kurs. Food-Bloggerin Ingrid Klütz, die sich in ihrem Blog cleanfoodlover.de mit aktuellsten Trends des Kochens und der Ernährung auseinandersetzt, bezeichnet das „Blaue Kochbuch“ als ihr wichtigstes Kochbuch: „Das elektrische Kochen von Elisabeth Meyer-Haagen ist das erste Kochbuch, das meine Mutter mir geschenkt hat. Darin gibt es kaum Bilder, aber alle Rezepte, die man sich nur denken kann. Dort schlage ich alles Mögliche nach. Meine Mutter hat das gleiche Buch, nur mit wesentlich mehr Gebrauchsspuren. Dieses Kochbuch werde ich nie aus der Hand geben“.


 

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