Berlin Panorama

„Die Energiewende ist zur Realität geworden.“

Thilo Boss, vom Wirtschafts-Ressorts der SUPERillu, sprach mit unserem Deutschlandchef Tuomo Hatakka über die Machbarkeit der Energiewende, den Kohleausstieg Berlins und die Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff. Das Interview erschien zuerst in der SUPERillu, dem größten Publikumsmagazin Ostdeutschlands: 

Auf der Klimakonferenz in Madrid haben sich die EU-Staaten mit Ausnahme Polens für 2050 grundsätzlich auf das Ziel eines klimaneutralen Europas geeinigt. SUPERillu sprach mit Vattenfall Deutschlandchef Tuomo Hatakka, 63, darüber, wie realistisch das Ziel ist. 

Tuomo Hatakka

Tuomo Hatakka, Deutschlandchef bei Vattenfall

Tuomo Hatakka, können Sie die Proteste der Klimaaktivisten verstehen, die durch den Auftritt von Greta Thunberg noch befeuert wurden?  

Tuomo Hatakka: Ich finde es gut, dass die junge Generation Mut zeigt und für ihre Zukunft auf die Straße geht. Greta Thunberg hat eine Bewegung entfacht, die global an Bedeutung gewinnt und weltweit ein Katalysator für die fortschreitende Dekarboniserung der Wirtschaft wird. 

Gilt das auch für Vattenfall? 

Wir sind noch ambitionierter als die europäische Politik. Unser Ziel ist es, innerhalb einer Generation ein fossilfreies Leben zu ermöglichen. In einem ersten Schritt haben wir uns von unseren Braunkohleaktivitäten in der Lausitz getrennt und in Berlin unsere letzte braunkohlebefeuerte Anlage schon 2017 abgeschaltet. Jetzt bauen wir die Energieversorgung in den deutschen Kernmärkten Berlin und Hamburg weiter um. Die Energiewende ist zur Realität geworden. Wir gestalten sie aktiv mit.  

Das heißt, ... 

..., dass wir unser Ziel umsetzen wollen bis die Kinder unserer heutigen Kinder geboren werden. Beispiel Berlin: Dort haben wir in Partnerschaft mit dem Senat und Vertretern der Gesellschaft untersucht, wie wir unseren schon vor Jahren beschlossenen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2030 gestalten. Es geht darum, in Zukunft für eine klimafreundliche und nachhaltige Wärmeversorgung von mehr als 1,3 Millionen Wohnungen zu sorgen, wenn wir die zwei verbliebenen Steinkohlekraftwerke ersetzen. Wir investieren dafür allein in der Hauptstadt bis Ende 2020 jeden Tag eine Million Euro. Wir wollen beim Umbau der Energieversorgung in Großstädten Maßstäbe setzen.  

Ist das über so einen kurzen Zeitraum für eine Millionenmetropole überhaupt möglich? 

Wir sind davon überzeugt, 40 Prozent der mit Kohle erzeugten Wärme in Berlin klimafreundlich ersetzen zu können: Durch den Ausbau der Erneuerbare Energien und die Nutzung von externen Wärmequellen wie Müllverbrennungsanlagen, die bisher ihre Abwärme ungenutzt in die Umwelt abgeben. Die anderen 60 Prozent werden wir über moderne GuD-Anlagen mit hohen Wirkungsgraden decken. Ein entsprechendes Pilotprojekt setzen wir gerade zusammen mit Siemens und dem Land Berlin beim Bau eines neuen Kraftwerkes im Bezirk Marzahn um. Verknüpfen wir zudem die Sektoren Stromerzeugung, Wärmemarkt und Mobilität intelligent, werden wir schon zeitnah bei der Emissionsminderung deutliche Erfolge vermelden können. Die fortschreitende Digitalisierung hilft uns dabei.  

Wenn Sie Kohle durch Erdgas ersetzen, erzeugt Vattenfall den Strom dann aber immer noch nicht fossilfrei ... 

Erdgas ist eine Brückentechnologie. Die Umweltbilanz ist wesentlich besser als die der Kohle. Und mit der Beimischung von synthetischem oder grünem Erdgas, das über Erneuerbare Energien durch Elektrolyse erzeugt wird, wird sie noch besser. Das ist ja nur ein Anfang ... 

... an dessen Ende ... 

... stehen wird, dass wir die Anlagen künftig komplett mit fossilfreien Alternativen inklusive Wasserstoff betreiben werden. Eine Umrüstung der Gaskraftwerke mit modernen Wasserstoff-Turbinen ist möglich. Die Brennstoffzelle ist eine Alternative in der Elektromobilität und im Heizungskeller. Aber auch für die Industrie ist Wasserstoff als Grund- und als Brennstoff hochinteressant. Das zeigt das Wasserstoff-Stahlwerk, das Vattenfall gerade in Schweden baut. Wasserstoff ist ein Schlüssel, um die Dekarbonisierung der Wirtschaft umzusetzen.  

Dann müssten Sie in der Lausitz Power-to-Gas-Anlagen bauen. Oder? 

Es ist der richtige Weg und für die Lausitz nach dem Ausstieg aus der Braunkohle eine Alternative. Vattenfall wird diesen Weg auch ernsthaft überprüfen. In Berlin haben wir übrigens kürzlich Europas größte Power-to-Heat-Anlage in Betrieb genommen, in der wir sauberen überschüssigen Wind- und Solarstrom in Wärme wandeln und speichern können.  
  
 In: SUPERillu, Persönlichkeiten, Unternehmer vom 10. Januar 2020:
Vattenfall-Chef: Bei Klimaschutz ehrgeiziger als Europa. Von Thilo Boss


Mehr zum Thema

→ Magnus Hall: „Klimaarbeit wirkungsvoller als Klimastreiks“  
→ Ein „weiter so“ ist keine Option: Fossilfrei innerhalb einer Generation  
→ Wasserstoff – ein wichtiger Schritt hin zur Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen  
→ Fossilfrei leben innerhalb einer Generation 

Mehr Informationen

Martin Brudermüller und Anna Borg bei der Vertragsunterzeichnung am 22.04.2024 in Stockholm

Vattenfall und BASF unterzeichnen Kaufvertrag über 49 Prozent der deutschen Nordlicht-Offshore-Windparks

Vattenfall und BASF vertiefen ihre Partnerschaft im Bereich erneuerbarer Energie.

Lesen Sie den gesamten Artikel

Vattenfall und Borealis unterzeichnen ersten langfristigen PPA für Wasserkraft

Vattenfall beliefert die Produktionsanlage von Borealis in Stenungsund mit fossilfreiem Strom.

Lesen Sie den gesamten Artikel

Fossilfreier Strom für die Energiewende: Vattenfall und Wieland schließen Strompartnerschaft

Wieland und Vattenfall vereinbaren zehnjährige Lieferung von fossilfreiem Strom.

Lesen Sie den gesamten Artikel