Pumpspeicherwerk Goldisthal - Luftaufnahme

Ein „Akku‟ für Deutschlands Energieversorgung

Peter Heinze, langjähriger Journalist und Buchautor seit der deutschen Einheit, veröffentlicht mit Blick auf den 35. Jahrestag der Wiedervereinigung mehrere eigene Beiträge aus diesen Jahren in einem Buch. Darin sind ausgewählte Themen, die er unter dem Credo "Und sie blühen doch ..." seit 1990 recherchiert und beim Deutschen Zeitungsdienst/Presseplan in Bonn, bei der Märkischen Allgemeinen oder Thüringer Zeitungen veröffentlicht hat. Dazu gehört jetzt ein weiterer Artikel über eines der modernsten europäischen Pumpspeicherkraftwerke - das PSW Goldisthal.    

Über den Autor

Peter Heinze, Jahrgang 1941, ist seit 1992 freier Journalist und Buchautor. 
Davor war er als Redakteur der Nachrichtenagentur ADN in Berlin tätig. 
Er war Mitglied der Bundespressekonferenz e.V. und ist Zeitzeuge vom Aufschwung an vielen Orten.

Unter dem Motto "Aufbau Ost" hat Peter Heinze bisher sechs Bücher veröffentlicht. Zuletzt "Spargel vom Gendarmenmarkt - Agrar & Ernährung eine ostdeutsche Erfolgsgeschichte".

Seine drei Titel über die Bundeswehr im Osten und ihren Beitrag zur inneren Einheit fanden national und international Anerkennung und gehören heute zum Bestand namhafter Bibliotheken wie Library of Congress oder New York Public Library.

Am Fluss Schwarza im westlichen Thüringer Schiefergebirge ging 2003 in Goldisthal (Landkreis Sonneberg) das größte deutsche Pumpspeicherkraftwerk in Betrieb. Es ist noch heute eines der größten und modernsten Kraftwerke seiner Art in Europa. Der Bau der Anlage dauerte sechs Jahre. Und nach dem erfolgreichen Testlauf des ersten von vier Pumpspeichersätzen hatten Ingenieure und Techniker vom Stromkonzern Vattenfall bestätigt: Eine gute Arbeit wurde hier geleistet. Die gespeicherte Wasserreserve reicht für acht Volllaststunden Turbinenbetrieb - genug Strom für Thüringen und ein „Akku‟ für Deutschlands Energieversorgung.

Das Kavernenkraftwerk hat eine installierte Leistung von 1 060 Megawatt (MW). Das Oberbecken besitzt ein Fassungsvermögen von 13 Millionen Kubikmeter Arbeitswasser, ausreichend für ca. acht Stunden Turbinenvolllastbetrieb. Vom Stillstand auf volle Leistung benötigt das Kraftwerk etwa 100 Sekunden. Die schnelle Verfügbarkeit macht es zu einem wichtigen Baustein der Energiewende, da es auf die stark schwankende Einspeisung der regenerativen Energien schnell reagieren kann. Pumpspeicherwerke wie in Goldisthal sind ein Garant für die Netzstabilität.

Pumpspeicherkraftwerk Goldisthal im Thüringer Wald - Oberbecken - Luftaufnahme

Pumpspeicherkraftwerk Goldisthal im Thüringer Wald - Oberbecken - Luftaufnahme

Damit endete eine Odyssee, die zu DDR-Zeiten Mitte der sechziger Jahre mit ersten Überlegungen zur Planung begonnen hatte - allerdings eine „Nummer‟ größer. Ab 1975 wurden hier 205 Hektar Waldfläche eingeschlagen, umfangreiche Erd- und Felsarbeiten ausgeführt. 1981 folgte aus ökonomischen Gründen eine Unterbrechung. Auf der Grundlage des Einigungsvertrages von 1990 prüfte das ostdeutsche Stromunternehmen Vereinigte Energie AG (VEAG) das Projekt und bestätigte, es sei notwendig und wirtschaftlich. Vattenfall Europe investierte dann in das Unternehmen 620 Millionen Euro und markierte den Abschluss seines Investitionsprogramms in Ostdeutschland in Höhe von rund zehn Milliarden Euro.

In Deutschland ist Vattenfall - der Name bedeutet Wasserfall - Betreiber von großen Speichern und betreibt insgesamt 11 Wasserkraftwerke mit einer installierten Leistung von rund 2 800 Megawatt, im Wesentlichen sind das Pumpspeicherwerke und kleinere Laufwasserkraftwerke. Zum Anlagenbestand von Vattenfall gehören die beiden größten deutschen Pumpspeicherwerke Goldisthal in Thüringen und Markersbach im Erzgebirge mit 1 050 Megawatt.

Pumpspeicherwerk Goldisthal - Oberbecken

Pumspeicherwerk Goldisthal - Oberbecken

Die eigentliche Produktionsstätte ist hier ein Kavernenkraftwerk mitten im Gebirge. Es liegt zwischen dem Oberbecken (13 Millionen Kubikmeter Nutzwasservolumen) in 869 Meter Höhe auf dem Farmdenkopf und dem Unterbecken rund 300 Meter tiefer, was etwa 19 Millionen Kubikmeter fasst. Bei Turbinenbetrieb senkt sich der Wasserspiegel bis zu 25 Meter. 700 000 Kubikmeter Fels hat man am 67 Meter hohen Steinschüttdamm der Hauptsperre „verbaut‟.

Pumspeicherwerk Goldisthal - Maschinenkaverne

Pumspeicherwerk Goldisthal - Maschinenkaverne

In der unterirdischen Produktionshalle, 137 Meter lang und 49 Meter hoch, durch je zwei Stollen mit den beiden Becken verbunden, drehen sich die Pumpspeichersätze mit je 265 Megawatt Nennleistung. Das Maschinenhaus befindet sich weit unter dem Pegel des Unterbeckens. Das verringert für die Laufräder die Gefahr, dass sich hier Dampfblasen bilden und zu nachfolgender, schlagartiger Kondensation führen.

Eine technische Neuheit in Europa sei der Einsatz von zwei asynchronen Maschinen. So könne die erforderliche Leistung auch im Pumpbetrieb stufenlos und sehr genau nachgefahren werden. Auch kann das Pumpspeicherwerk Minutenreserve beim Ausfall großer Kraftwerksblöcke im deutschen Verbundnetz zur Verfügung stellen.

Ursprünglich war die Anlage als Lieferant für Spitzenlaststrom konzipiert. Im Zuge der Energiewende entwickelte sich der Pumpspeicher Goldisthal mehr und mehr zum Speicher für erneuerbare Energien. Er wurde auch zum Garant für die Stabilität der Stromnetze sowie  Ausgangspunkt für den Wiederaufbau des Netzes im Falle eines Blackouts.

So hat Goldisthal während seiner 20-jährigen Betriebszeit seit 2003 eine Speicherleistung, die so genannte Pumparbeit, von insgesamt 44 Terrawatt/Stunden (TWh) erbracht. Das entsprach rechnerisch rund 71 Prozent der gesamten deutschen Stromerzeugung aus Photovoltaik des Jahres 2022 (62 TWh, Quelle BDEW). Mit einem konstanten Wirkungsgrad von über 80 Prozent wird diese langlebige und robuste Speichertechnologie auch in den kommenden Jahrzehnten einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten, heißt es.

Was Umwelt und Natur betrifft, sind hier die Meinungen geteilt. Einerseits bietet die Anlage einen zusätzlichen Hochwasserschutzraum, eine Wasserreserve von 2,9 Millionen Kubikmeter für trockene Jahreszeiten und regenerative Energie. Andererseits hatten die Eingriffe nicht nur Auswirkungen auf das Landschaftsbild, den Boden, die Oberflächengewässer.

Flora und Fauna waren vor allem in der Bauzeit stark betroffen. Nach Meinung des BUND auch der Lebensraum des Auerhuhns im Naturschutzgebiet ‟Wurzelbergfarmde‟. Gemeinsam mit Behörden und Naturschützern hat der Bauherr vielfältige Ausweichmöglichkeiten, auch für den Schwarzstorch und die Fledermaus, geschaffen. Einbezogen wurden die Bachufer- und Auengestaltung verschiedener Bäche im Thüringer Raum.

Für das Pumpspeicherkraftwerk, ein Technikwunder inmitten der Natur, das zur Sicherheit der Energieversorgung von Industrie und Einzelhaushalten beiträgt, entstanden etwa 50 Dauerarbeitsplätze und durchschnittlich 80 Arbeitsplätze in ortsansässigen Firmen. Und Goldisthal wurde zu einem weiteren Anziehungspunkt für Urlauber und Touristen am Flussbett der Schwarza. 

Experten sind sich einig: Ein Pumpspeicherwerk dieser Dimension und Leistungsfähigkeit trägt wesentlich dazu bei, den in Deutschland notwendigen Energiemix zu gewährleisten - insbesondere mit Blick auf den steigenden Anteil regenerativer Energieerzeugung.

Bundesweit sind rund 25 Pumpspeicherkraftwerke an das deutsche Stromnetz angeschlossen. Diese erreichen 38 Gigawattstunden Speicherkraft, Goldisthal davon fast ein Viertel, und sind für die Energiewende unverzichtbar.

Um die Seen des imposanten Pumpspeicherwerkes im Oberen Schwarzatal wurde in unmittelbarer Nähe zum Wasser und in der romantischen Natur mit einer abwechslungsreichen Pflanzen- und Tierwelt ein Rundwanderweg angelegt. Auf einer Strecke von 12 Kilometern mit dieser reizvollen Umgebung erlebt der Interessierte eine beeindruckende Symbiose von Technik und Natur.

Fazit: Unstrittig ist, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien einen deutlichen Zubau an Speicherkapazitäten erfordert. Welche Rolle darin Pumpspeicher spielen können, hängt entscheidend von den Rahmenbedingungen ab, unter denen solche langlebigen Infrastrukturprojekte umgesetzt werden können. Mit einem konstanten Wirkungsgrad von über 80 Prozent wird diese langlebige und robuste Speichertechnologie auch in den kommenden Jahrzehnten einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten.

Hierzu sagte Dr. René Kühne, Leiter des Fleetmanagement der Vattenfall Wasserkraft GmbH: „Ein fossilfreies Energiesystem der Zukunft auf Basis der erneuerbaren Energien stellt hohe Anforderungen an die Versorgungssicherheit und die Systemstabilität, den Pumpspeicher leisten können. Sie sind hochflexible Multitalente, die neben der Speicherung von erneuerbarem Strom zahlreiche weitere systemdienliche Dienstleistungen erbringen können. Für die kapitalintensive Pumpspeichertechnologie sind stabile Rahmenbedingungen und schlanke Genehmigungsprozesse die Voraussetzungen für die Planungssicherheit, die es braucht, um weitere Kapazitäten an geeigneten Standorten zu errichten.‟

Diesen Artikel veröffentlicht der langjährige ostdeutsche Journalist und Autor Peter Heinze in einem Buch zum 35. Jahrestag der Wiedervereinigung unter dem Titel: "Viel Neues im Osten Deutschlands".

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