
Er fertigt Skier aus alten Rotorblättern
In einer Holzscheune auf einem Berg in Lønset, einem der größten alpinen Gebiete Norwegens, hält Endre Hals eine Handvoll schwarzer Kohlefaserstränge in der Hand. 25 Jahre lang waren diese Fasern entscheidend für die Stabilität der Flügel von Windkraftanlagen, die im niederländischen Windpark Irene Vorrink starke Winde abfingen. Bald werden sie für die Stabilität eines Paars begehrter Tourenski sorgen.

Skihersteller Endre Hals, Gründer von EVI-Ski
Das Unternehmen Evi Ski wurde vor fünfzehn Jahren vom Industriedesigner Endre Hals gegründet. Die Hauptinspiration für sein allererstes Skiprojekt im Jahr 2003 mit dem Namen Katana rührt, wie der Name vielleicht schon verrät, von japanischen Schwertmachern her.
„Sie sind das Gegenteil von dem, was uns damals in der Schule beigebracht wurde, dass alles schnell und billig produziert werden muss“, erzählt er The Edit.
Stattdessen wollte Endre einen Ski entwickeln, der nicht entsorgt werden muss, wenn er abgenutzt oder beschädigt ist. Durch eine sorgfältig durchdachte Konstruktion können beschädigte Stellen ersetzt und mit neuem Material verstärkt werden, so dass die Ski danach wieder wie neu sind. Wenn das eingebrachte Material ebenfalls recycelt wird, ist der Kreislaufwirtschaft noch mehr geholfen.

Skihersteller Endre Hals in seiner Werkstatt
Recycling
Etwa 40 Kilometer südwestlich von Lønset, in einem Tal am Sognefjord, hat der Verbundwerkstoff-Recycler Gjenkraft seinen Sitz. Noch vor der Gründung des Unternehmens im Jahr 2021 wandten sie sich an Endre Hals, der für seine bahnbrechende Ski-Herstellung bekannt ist. Gjenkraft hat ein Verfahren für das Recycling von komplexen Verbundwerkstoffstrukturen entwickelt, die unter anderem in Turbinenblättern von Windkraftanlagen zu finden sind. Die meisten davon, die vor 20-25 Jahren installiert wurden, erreiche nun das Ende ihres Lebenszyklus.
„Unsere Lösung konzentriert sich auf das Recycling von Verbundwerkstoffen, um wertvolle Materialien wie Glas- und Kohlenstofffasern aus ausgedienten Windturbinenblättern zu gewinnen. Diese hochwertigen Materialien können bei der Herstellung neuer, hochwertiger Produkte Rohstoffe ersetzen. Dadurch entsteht ein Kreislaufsystem und die Umweltauswirkungen der Verbundwerkstoffindustrie werden reduziert“, sagt Marcin Rusin, Miteigentümer von Gjenkraft.
„Wir arbeiten mit visionären Partnern wie Endre von Evi Ski zusammen, um das Potenzial von recycelten Materialien aufzuzeigen. Langfristig wollen wir den Materialkreislauf schließen und die Kreislaufwirtschaft zum Standard in der Verbundwerkstoffindustrie machen.“
Aus den Wolken auf die Piste
In seiner Werkstatt in der Scheune bringt Endre Hals die langen, schwarzen Kohlenstofffaserstränge sorgfältig auf den Holzkern der Ski auf.
„Das ist vielleicht die beste Verwendung, die wir für diese Fasern finden können“, sagt er.
In einem perfekten Kreislaufprozess könnten die Kohlenstofffasern ohne Verlust an Festigkeit, Flexibilität oder Leistung recycelt werden. In der Praxis werden die Fasern dabei jedoch häufig gebrochen oder verkürzt, was zu einem gewissen Material- oder Qualitätsverlust führen kann. Daher ist es wünschenswert, die Fasern möglichst lange zu verwenden, um die Eigenschaften so lange wie möglich zu erhalten.
„Wir wollen diese langen Fasern aus den Rotorblättern verwenden, um daraus etwas anderes Langes zu machen – etwa Ski. Und danach könnten wir sie für etwas Kürzeres verwenden. Vielleicht für ein Stativ“, sagt er, auf den Fotografen deutend.
Die Ski-Herstellung ist eine von vielen Möglichkeiten, die ein großes Potenzial für das Recycling von Kohlefaserverbundwerkstoffen in Windturbinenblättern bieten. Vattenfall beteiligt sich auch an Projekten zum Bau von Hütten und Parkplätzen aus Teilen abgebauter Windkraftanlagen.
Gustav Frid ist Spezialist für Umwelt und Nachhaltigkeit bei Vattenfall:
„Es gibt zwar eine Reihe von Recycling-Lösungen, die sich der Industrialisierung nähern, aber wir brauchen diese innovativen Beispiele, die zeigen, was tatsächlich machbar ist. Es gibt ein riesiges Potenzial für Kreativität und Möglichkeiten, die Verbundwerkstoffe zu nutzen, die vor allem in den Rotorblättern, aber auch in anderen Teilen einer Windkraftanlage zu finden sind“, sagt er.
„Unser Ziel ist es, Kreislauflösungen zu finden, die einen praktischen Zweck in der Gesellschaft erfüllen. Es geht um die Optimierung des Materialeinsatzes. Die Verlängerung der Lebensdauer einer Windkraftanlage oder die Wiederverwendung eines Bauteils in einer neuen Anwendung kann einen Mehrwert schaffen und die Umweltfolgen von Materialien reduzieren.“
Fakten
- Seit 2021 gilt bei Vattenfall ein Deponieverbot für Rotorblätter aus stillgelegten Windparks.
- Heute werden bis zu 85–90 % der demontierten Windturbinen recycelt, nachdem sie bis zu 35 Jahre lang in Betrieb waren.
- Vattenfall hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 alle Rotorblätter aus abgebauten Windkraftanlagen zu recyceln, und zwar durch neue Methoden und starken Partnerschaften wie mit Gjenkraft und Evi Ski.

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