Schweden und Deutschland führend bei der Entwicklung von elektrifizierten Straßen
Deutschland und Schweden sind weltweit führend, wenn es um Praxisstudien über elektrifizierte Straßen geht. Auf Gotland wurde die weltweit erste kabellose E-Straße fertiggestellt.
Elektrifizierte Straßen sind eine der zu erforschenden Technologien im Wettlauf um die Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs un schon in wenigen Jahren könnte die erste kommerzielle elektrische Straße Realität werden. Dies wird wahrscheinlich in Schweden oder Deutschland geschehen.
Verkehr und Transporte machen mehr als ein Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen aus, was den schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Kraftstoffe erforderlich macht. Heute steigt der Anteil von Elektrofahrzeugen rapide an und Ladenetze wie Vattenfall InCharge werden immer schneller ausgebaut.
Im Hinblick auf den Schwerlast-Langstreckentransport ist es möglicherweise nicht ausreichend, die Batterien in Ladestationen entlang der Straße aufzuladen. Stattdessen könnten Straßenabschnitte elektrifiziert werden, sodass Fahrzeuge während der Fahrt aufgeladen werden. Auf diese Weise lässt sich die Größe der Batterien reduzieren, was zu Gewichtsersparnissen führt.
„Feste Ladepunkte werden wahrscheinlich für die Nutzung im Nah- oder Regionalverkehr infrage kommen. Aber für Langstrecken-Lkw, die in Schweden bis zu 60 Tonnen wiegen können, in einigen Fällen sogar bis zu 90 Tonnen, werden elektrische Straßensysteme von einigen Akteuren als eine Schlüsselanwendung angesehen“, sagt Colin Stewart, Experte im Bereich E-Mobility bei Vattenfall Research & Development.
Kabellose Übertragung
Vattenfall ist an einer Reihe unterschiedlicher → Projekte zur Elektrifizierung des Straßenverkehrs beteiligt, mit dem Ziel, innerhalb einer Generation einer Leben ohne fossile Brennstoffe zu ermöglichen.
Außerhalb von Visby auf der schwedischen Insel Gotland wurde im Dezember 2020 die weltweit erste kabellose elektrifizierte Straße eingeweiht. Auf einer öffentlichen Straße zwischen dem Flughafen und dem Stadtzentrum wurden unter dem Asphalt 1,5 Meter lange Kupferspulen verbaut. Mit entsprechenden Spulen im Fahrzeug wird die elektrische Energie mithilfe der sogenannten Induktion übertragen. Dies ist eine bewährte Technologie, die üblicherweise zum Beispiel in Ladegeräten für elektrische Zahnbürsten sowie in modernen Öfen zum Einsatz kommt.
Vattenfall ist einer der beteiligten Akteure am Projekt Smartroad Gotland und hat unter anderem einen Energiespeicher mit der Lösung „Power-as-a-service“ geliefert. Diese große Batterie hat eine Leistung von 240 Kilowatt und wird teilweise aus Solarzellen gespeist.
„Der Zweck des Energiespeichers ist es, die Stromspitzen der elektrischen Straße zu glätten und so eine permanente Erweiterung des Netzes wie ein neues Kraftwerk zu vermeiden. Stattdessen kann ein kleinerer elektrischer Anschluss verwendet werden. Dies ist eine Lösung, die sowohl Zeit als auch wertvolle Ressourcen spart“, sagt Kajsa Roxbergh, Business Developer bei Vattenfall Network Solutions.
In Deutschland wird eine ähnliche kabellose elektrifizierte Straße für eine Buslinie in der Stadt Karlsruhe gebaut.
Weltweite Vorreiter
In Schweden und Deutschland werden die meisten Projekte auf öffentlichen Straßen durchgeführt. Im Jahr 2017 gingen die Länder eine Innovationspartnerschaft ein, für die elektrifizierte Straßen als ein Bereich der Zusammenarbeit festgelegt wurden. Heute ist auch Frankreich Teil dieser Partnerschaft.
Bereits 2016 wurde die weltweit erste elektrifizierte Straße auf einer öffentlichen Straße in Schweden eingeweiht, und zwar auf einem Abschnitt der Autobahn E16 zwischen Gävle und Sandviken. Auf dieser E-Straße kam eine Oberleitung zum Einsatz und die Lastwagen waren mit Stromabnehmern ausgestattet, so ähnlich wie bei einer Straßenbahn.
Die gleiche Technologie wird heute in mehreren erfolgreichen Projekten in Deutschland eingesetzt, beispielsweise bei einem Projekt in der Nähe von Frankfurt am Main. Auf einer 60 Kilometer langen Autobahnstrecke wurde ein fünf Kilometer langes Segment mit einer Oberleitung ausgestattet, die die Lkw während der Fahrt auflädt, womit große Mengen an fossilen Kraftstoffen gespart werden können. Eine Reihe von Logistikunternehmen beteiligt sich daran und setzt Elektro-Lkw des schwedischen Lkw-Herstellers Scania ein.
80 Prozent der deutschen Transporte
Insgesamt wurden in Deutschland etwa 15 Kilometer elektrifizierte Straßen mit Freileitungen gebaut. Das umfasst zwar keine großen Strecken, aber Schätzungen lassen darauf schließen, dass bereits durch die Elektrifizierung eines Drittels der deutschen Autobahnen bis zu 80 Prozent der Schwerlast-Straßentransporte des Landes elektrisch angetrieben werden könnten.
Die Schiene wird automatisch erkannt
Eine dritte Technologie, ist die Installation einer Stromschiene in der Fahrbahn, ähnlich wie bei einer Slotcar-Bahn. Im Anschluss an den Flughafen Arlanda in Stockholm hat Vattenfall ein Projekt namens eRoad Arlanda unterstützt, in dessen Rahmen zwei Kilometer einer zehn Kilometer langen Strecke elektrifiziert und für den regulären Güterverkehr genutzt wurden.
Die Technologie funktioniert mit Hilfe eines beweglichen Arms, der mit der Schiene in der Fahrbahn verbunden wird. Solange sich das Fahrzeug direkt über der Schiene befindet, ist der Abnehmer in der abgesenkten Position. Bei einem Überholmanöver wird der Abnehmer automatisch angehoben.
Standardisierung ist notwendig
Alle diese Technologien haben Vor- und Nachteile. Für eine erfolgreiche Umsetzung bei Langstreckentransporten wird laut Colin Stewart jedoch eine einheitliche Lösung erforderlich sein.
„Die Interoperabilität ist der Schlüssel dazu, um den Ausbau eines elektrifizierten Straßennetzes in verschiedenen europäischen Ländern zu ermöglichen. Wir brauchen eine starke Koordinierung in Bezug auf die internationalen Verkehrskorridore. Beispielsweise wäre eine Lösung in Schweden und eine andere in Deutschland ineffizient und würde höchstwahrscheinlich angesichts des Potenzials von sehr unterschiedlichen Spezifikationen scheitern.“
Erste kommerzielle Elektrostraße könnte bald Realität werden
Wann werden wir also eine erste kommerzielle Anwendung sehen? Neben den Kosten müssen mehrere wichtige rechtliche und technische Fragen untersucht werden. In Deutschland kam eine vom Umweltministerium initiierte Studie zu dem Ergebnis, dass 4.000 Autobahnkilometer elektrifiziert werden könnten. Die Kosten von 12 Milliarden Euro gelten im Vergleich zu den Plänen des Landes, in den nächsten zehn Jahren knapp 100 Milliarden Euro in den Neubau und den Ausbau von Straßen zu investieren, als überschaubar.
In Schweden hat die Regierung die schwedische Verkehrsbehörde Trafikverket beauftragt, einen Plan zu entwickeln, wie bis 2030 die 2.000 verkehrsreichsten Kilometer der Straßen des Landes elektrifiziert werden können. In diesem Jahr wird ein Sonderuntersuchungsbeauftragter darüber Bericht erstatten, wie elektrifizierte Straßen reguliert werden können, zum Beispiel im Hinblick auf die bestehende Straßenregulierung, Elektroinstallationen, Stromnetze und den Strommarkt.
„In diesem Jahr erwarten wir weitere Lösungen, sowohl zu rechtlichen als auch zu geschäftlichen Fragen im Hinblick auf elektrische Straßensysteme im Rahmen eines ersten kommerziellen Pilotversuchs in Schweden. Daher sollte noch in diesem Jahr die Ankündigung einer größeren Anlage erfolgen. Aber es wird wohl bis Mitte der 2020er-Jahre dauern, bis meiner Ansicht nach zu erwarten ist, dass in nennenswertem Umfang kommerzielle elektrische Straßensysteme umgesetzt werden können. Bis dahin werden es Pilotprojekte und Demonstrationen sein, die die Technologie unter Beweis stellen“, sagt Colin Stewart.
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