Fische

Fischerkennungsalgorithmen können invasive Arten stoppen

Mit Hilfe von KI können die Beschäftigten von Vattenfall am Wasserkraftwerk Stornorrforsen Fische anhand einer Vielzahl von Merkmalen identifizieren. Die Technologie soll jetzt weiterentwickelt werden.

Selten treffen Energieerzeugung und Natur so deutlich aufeinander wie bei Wasserkraftwerken und wandernden Fischen. Auf der einen Seite ist die Kraft von riesigen Wassermassen, die Energie für ganz Schweden erzeugen, und auf der anderen Seite sind Lachse und andere Fische, die den Fluss hinauf- und hinunterwandern wollen und sich einen Weg an den Kraftwerken vorbei bahnen müssen.

Blick auf eine Fischtreppe

Fischtreppe am schwedischen Wasserkraftwerk Stornorrforsen

Das Wasserkraftwerk Stornorrfors ist eines der größten des Landes und befindet sich am Fluss Vindelälven, etwas westlich von Umeå im Nordosten Schwedens. 2010 errichtete Vattenfall hier eine neue Fischtreppe, die laichende Fische am Kraftwerk vorbeiführen sollte. Vor einigen Jahren wurde sie um ein Fischerkennungssystem erweitert, das Vattenfall mittels KI dabei helfen sollte, die Fische und ihre Bewegungen zu überwachen, zu kategorisieren und zu analysieren.

Patrik Andreasson, Head of Fluid Mechanics bei Vattenfall

„Wir haben eine Methode zur Bestimmung der Eigenschaften von Lachsen entwickelt“, sagt Patrik Andreasson, Head of Fluid Mechanics bei Vattenfall.

„Wir verfügen inzwischen über funktionierende Algorithmen, die sehr gut darin sind, die Größe sowie einen eventuellen Pilzbefall der Fische zu erkennen und zu unterscheiden, ob die Fische aus einem Wildbestand stammen oder einer Zucht stammen, bei der die sogenannte Fettflosse auf dem Rücken des Lachses abgeschnitten wird.“

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Schwer zu registrierende Weibchen

Mit Hilfe dieser Technologie soll besser gesteuert werden können, welche Fische die Fischtreppen hinauf- und hinunterwandern, um an den Wasserkraftwerken vorbeizukommen. Ebenso soll mit ihr die Entwicklung der Arten über einen längeren Zeitraum verfolgt werden. Indem beispielsweise Zuchtlachse in den Vindelälven ausgesetzt werden, kann mit Hilfe der KI-Technik ermittelt werden, wie viele von ihnen zurückkommen und wie die Zuchtlachse in freier Wildbahn zurechtkommen.

In den letzten Jahren hat sich die Entwicklung der Fischerkennung rasant weiterentwickelt und die Technologie ist nun von verschiedenen Akteuren verfügbar. Gleichzeitig gibt es Raum für Verbesserungen und Veränderungen, nicht zuletzt was die Wiedererkennung der Lachse betrifft.

Lachse im Wasser

Eine der entscheidendsten und schwierigsten Aufgaben bei laichenden Lachsen ist die Erkennung des Geschlechts und insbesondere die Registrierung von Weibchen. Je mehr Weibchen, desto mehr Laich und letztendlich mehr erwachsene Fische. In Stornorrforsen wird die Geschlechtserkennung heute von hochqualifizierten Beschäftigten manuell und visuell durchgeführt, da es extrem schwierig ist, Weibchen und Männchen zu unterscheiden, besonders so früh in der Saison. 

„Wenn wir diese Personen durch Algorithmen ersetzen wollen, müssen sie genauso gut sein“, sagt Andreasson. „Das ist jetzt sehr schwierig, besonders zu Beginn der Saison. Wir haben einen ersten Versuch unternommen, um eine KI zu entwickeln, die auch das Geschlecht erkennt. Das funktioniert zwar, aber noch nicht gut genug. Wir werden also weiter an der Entwicklung arbeiten und am Ende dieser Saison oder am Anfang der nächsten Saison einen neuen Versuch wagen. Mit dieser Frage werden wir uns das ganze Jahr hindurch beschäftigen.“

Das Ziel ist, invasive Arten zu stoppen

Die Fischerkennungstechnologie kann nicht nur zur Ermittlung der richtigen Fischart eingesetzt werden, sondern sie erkennt auch „unerwünschte" Fische.

„Wir werden einige schwedische Flüsse öffnen wie zum Beispiel den Dalälven, um Wildlachsen nach oben zu helfen“, berichtet Andreasson. „Aber dabei werden wir auch invasive Arten, wie z. B. Grundeln, an der Wanderung die Flüsse hinauf hindern. Wir haben entsprechende Pläne, aber kein konkretes Projekt, um mithilfe intelligenter Algorithmen Fischen nach oben zu helfen, die erwünscht sind, aber diejenigen aufzuhalten, die dort nichts zu suchen haben.

Die Gefahr beispielsweise bei Schwarzmund-Grundeln, aber auch bei vielen anderen invasiven Arten ist, dass sie sich schnell vermehren und anderen Arten die Nahrung wegnehmen oder den Rogen anderer Arten als Futter nutzen und damit die Bestände wichtiger Arten reduzieren. Die Grundel ist zudem sehr anpassungsfähig und kann in Süß- und Salzwasser überleben. Eine Minimierung der Ausbreitung ist wichtig für Arten wie Lachs und Forelle.“

Informationen teilen ist selbstverständlich

Unabhängig davon, wie die KI-Technologie in Zukunft eingesetzt wird, soll sie für alle zugänglich gemacht werden, die sie brauchen.

Das Labor von Vattenfall, das sich mit der Fischerkennung beschäftigt, ist mit dieser Arbeit weltweit einzigartig. Vielleicht noch ungewöhnlicher ist, wie transparent das Labor-Team mit seiner Arbeit umgeht. Patrik Andreasson berichtet, dass er mit seinem Team vor einigen Wochen beim französischen Energieversorger EDF zu Gast war und bei Branchenkollegen in Norwegen, Kanada, den USA und Deutschland ein großes Interesse am Daten- und Erfahrungsaustausch besteht.

„Wir wollen offen und zugänglich sein – dahinter stehen wir alle. Solange es kein Wettbewerbsvorteil ist, Informationen für sich zu behalten, gibt es keinen Grund, die Dinge geheim zu halten, im Gegenteil. Bei Fischwanderungen im Umfeld großer Wasserkraftwerke ist der Wissensstand sehr schlecht. Vieles beruht auf Annahmen. Darum möchten wir unsere Erkenntnisse mit anderen teilen und uns mit anderen austauschen.

Vattenfall arbeitet auch häufig mit Universitäten zusammen, die bei der Auswertung der Befunde und der Verbreitung der Ergebnisse behilflich sind. Auf der Homepage gibt es mehr als 20.000 beschriftete Bilder, die jeder verwenden kann, z. B. um neue Algorithmen zu entwickeln. 

Diese Bilder sind von großer Bedeutung für alle, die im Bereich der Fischerkennung tätig sind. Wir beabsichtigen nicht, ein Produkt daraus zu machen. Und doch ist es uns ein Anliegen, dass das Material für alle zugänglich ist.“ 

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