Mit Abwasser und Algen auf dem Weg zum Netto-Nullverbrauch

Fernwärme ist ein effizienter Weg zur Bereitstellung nachhaltiger Heizlösungen, indem sie fossile Alternativen ersetzt. Viele wären jedoch überrascht, wenn sie wüssten, dass Wasser aus Toiletten, Flüssen, der Algen- und Porzellanproduktion Wärme in das System einspeist.

Die Verringerung der Emissionen auf netto null mag zwar als schwierige und vielleicht entmutigende Herausforderung erscheinen, sie bietet aber auch die Möglichkeit, unsere Gesellschaft neu zu denken und innovative und alternative Lösungen zu finden. Dies gilt insbesondere für den Wärmesektor.

In Privathaushalten wird Wärme traditionell durch die Verbrennung von Kohle, Öl, Gas, Biomasse und anderen Brennstoffen in Heizkesseln erzeugt. In Fernwärmesystemen wird die Wärme häufig auch mit diesen Brennstoffen erzeugt und dann – in Form von heißem Wasser – durch ein unterirdisches Rohrnetz vom Ort der Erzeugung an Privathaushalte, Industrieunternehmen und Organisationen geliefert, wie in der Animation unten dargestellt.

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Mit Innovation weg von fossilen Brennstoffen

Die Fernwärmeversorgung von Vattenfall basierte jahrzehntelang auf dem Betrieb einiger weniger großer Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, stützt sich inzwischen auch auf kleinere, flexible Anlagen und Wärmequellen. Um die Dekarbonisierung des Wärmesektors voranzutreiben, weiten wir den Einsatz dezentraler und flexibler Energielösungen weiter aus. „Die Energiekrise hat noch deutlicher gemacht, dass die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen unhaltbar ist. Für uns ist die Dekarbonisierung der Wärmeaktivitäten entscheidend, um im Jahr 2040 netto null zu erreichen“, sagt Jan Timmermann, Vice President Strategy & Business Development.

Um dieses Ziel zu erreichen, sind ein neuartiger Ansatz und ein hohes Maß an Innovation erforderlich. So zum Beispiel in Gustavsberg, einer Gemeinde östlich von Stockholm. Hier werden jährlich mehr als fünfzehn Millionen Kilowattstunden überschüssige Wärme gewonnen, die sonst verloren ginge. Die überschüssige Wärme fällt bei dem schwedischen Unternehmen AstaReal in der Zucht von Algen an, die zur Herstellung eines Nahrungsergänzungsmittels für Mensch und Tier genutzt werden. Mittels innovativer Technik und Wärmetauschern wird die Wärme stattdessen für die Nahwärmeversorgung von bis zu 2.500 Wohnungen in der Nachbarschaft genutzt.

Nutzung von kalten Flüssigkeiten für Fernwärmezwecke

Die meisten Menschen würden wahrscheinlich nicht vermuten, dass auch kältere Quellen wie Flusswasser und sogar Abwasser als Wärmequellen genutzt werden können. In den Niederlanden hat sich Vattenfall jedoch mit einer Genossenschaft von 1.000 Haushalten im Ökobezirk Poelgeest zusammengetan, die die Initiative ergriffen hat, Wasser aus der örtlichen Kläranlage als Wärmequelle für die Beheizung ihrer Haushalte zu nutzen und das derzeitige Gaskraftwerk zu ersetzen.

Im Vereinigten Königreich ist Vattenfall Unterauftragnehmer von Bristol City Leap, einer Partnerschaft zwischen dem Stadtrat von Bristol und der Firma Ameresco, in deren Rahmen das Wasser aus dem schwimmenden Hafen der Stadt als eine der Quellen für die Fernwärmeversorgung genutzt wird. Mit Blick auf das Jahr 2030 und darüber hinaus arbeitet Vattenfall im Südosten Londons mit dem Recycling- und Abfallwirtschaftsunternehmen Cory Group zusammen, um die Vision des sogenannten Riverside Heat Network zu verwirklichen. Im Rahmen der Vision werden verschiedene Möglichkeiten zur Versorgung mit Fernwärme unter Verwendung von Abwärmequellen geprüft, darunter Wärme aus einer der Cory-Gruppe gehörenden Anlage zur Energiegewinnung aus Abfällen und aus der Themse.

Darüber hinaus prüft Vattenfall im Vereinigten Königreich die Möglichkeit, das Meer, Flüsse, Abwasserkanäle, Kläranlagen sowie das Wasser in stillgelegten Bergwerken als potenzielle Wärmequellen zu nutzen. Für die Kohlebergwerke schließt sich damit der Kreis: Sie werden von einer Ursache für Treibhausgasemissionen zu einer erneuerbaren und kohlenstoffarmen Ressource. 

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Wenn die Fabrik nebenan dich warm hält

Generell wird die Einbindung überschüssiger Wärme von lokalen Unternehmen zunehmend als Energiequelle für Fernwärme genutzt. Dies kann im Zusammenhang mit der Einrichtung von Rechenzentren und durch den Anschluss einzelner bestehender Unternehmen in Gebieten mit Fernwärme geschehen.

In Berlin erreichen die speziellen Hochtemperaturöfen der Königlichen Porzellan-Manufaktur (KPM), die sogenannten Brennöfen, zur Porzellanherstellung Temperaturen von 1.400 o C. Die Wärme wurde bisher über den Schornstein an die Atmosphäre abgegeben. Stattdessen sind die Öfen jetzt an eine Wärmerückgewinnungsanlage angeschlossen, die heißes Wasser als CO2-freie Wärme in das Berliner Fernwärmenetz einspeist.
Königliche Porzellan-Manufaktur KPM jetzt auch “Wärme-Manufaktur“

Und am Potsdamer Platz in Berlin plant Vattenfall gemeinsam mit Siemens Energy ein Pilotprojekt. Eine neuartige, großtechnische Hochtemperatur-Wärmepumpe soll die Abwärme des Kühlwassers in einer Kühlzentrale als Wärmequelle nutzen. Mit Hilfe von Strom und einem neuen, speziellen, umweltfreundlichen Kältemittel soll die Pumpe die Temperatur der Restwärme aus der Kältezentrale auf ein Niveau anheben, das im Fernwärmenetz von Vattenfall genutzt werden kann. 

„Wir haben unsere Bemühungen beschleunigt, fossile Brennstoffe durch fossilfreie und nachhaltige Alternativen zu ersetzen. Kohle wird in Berlin und bei Vattenfall insgesamt bis 2030 auslaufen. Wir werden unsere Abhängigkeit von fossilem Gas auf ein Minimum reduzieren, indem wir den breiten Mix nachhaltiger Technologien in unseren Anlagen ausbauen. Und wir haben das große Glück, dass wir in unserem Wärmegeschäft die einmalige Gelegenheit haben, mit lokalen Unternehmen bei der Nutzung der überschüssigen Wärme aus ihren Produktionsprozessen in unseren Fernwärmeanlagen zusammenzuarbeiten“, sagt Jan Timmermann.

Fakten

Vattenfall betreibt Fernwärmenetze im niederländischen Amsterdam, im schwedischen Uppsala und im britischen Bristol (seit Januar 2023). In Berlin betreibt Vattenfall das größte städtische Fernwärmenetz Westeuropas mit rund 1,4 Millionen versorgten Wohneinheiten.

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