Vollgas mit Wasserstoff im Tank
Neben dem Elektroantrieb gilt nachhaltiger Wasserstoff als wichtigster Hebel für die Senkung der Kohlendioxidemissionen des (Straßen-)Verkehrs. Bereits jetzt arbeitet Vattenfall an mehreren Brennstoffprojekten, bei denen nachhaltiger Wasserstoff eine entscheidende Rolle spielt. Aber Möglichkeiten gibt es viele – auf die wichtigsten gehen wir hier näher ein.
Der Verkehrssektor verbraucht weltweit fast 10 Milliarden Liter Öl pro Tag. Das ganze Jahr über. Das sind über 7 Milliarden Tonnen Kohlendioxyd in einem Jahr.
Zum Schutz des Klimas müssen Benzin und andere ölbasierte Kraftstoffe durch umweltfreundlichere Varianten ersetzt werden – und zwar bald. Der Betrieb über Batterien eignet sich gut für Personenkraftwagen und kürzere Wege im Straßenverkehr. In vielen anderen Fällen eignen sich wasserstoffbasierte Brennstoffe besser. Zum Glück gibt es die benötigten Lösungen bereits.
„Wasserstoff ist eine gute Alternative, wenn eine direkte Elektrifizierung zu umständlich ist, zum Beispiel wenn dafür zu große und schwere Batterien benötigt werden würden. Dieser kann entweder direkt als Brennstoff oder zur Herstellung anderer fossilfreier Brennstoffe verwendet werden“, sagt Mikael Nordlander, Direktor Industry Decarbonisation bei Vattenfall. Schon seit einigen Jahren arbeitet er am Ausbau der Nutzung von Wasserstoff, insbesondere um die klimabedingte Umstellung in der Industrie voranzutreiben. Ein Projekt, das große Aufmerksamkeit erhalten hat, ist HYBRIT in Nordschweden, wo fossilfreier Stahl produziert wird.
Aus Offshore-Windkraft wird nachhaltiger Flugbrennstoff
Heute widmet er die meiste seiner Zeit der Brennstoffherstellung. An der schwedischen Westküste wollen die zwei Brennstoffunternehmen St1 und Preem die Herstellung nachhaltiger so genannter Elektrobrennstoffe ins Rollen bringen, die unter anderem Wasserstoff aus Offshore-Windenergie und nicht-fossiles Kohlendioxyd aus Emissionen der Forstwirtschaft nutzen.
Die jährliche Gesamtproduktion liegt bei über einer Million Kubikmeter. Das Endprodukt wird hauptsächlich für die Luftfahrtindustrie genutzt, wo die Anforderungen an die Beimischung von nachhaltigem Brennstoff von Jahr zu Jahr umfangreicher werden. Ein weiteres Projekt für nachhaltigen Flugbrennstoff ist HySkies – Vattenfall betreibt dieses unter anderem zusammen mit Shell und SAS.
Ein klarer Trend
Wasserstoff kann Fahrzeuge auf verschiedene Weise antreiben. Zum Beispiel kann dieser direkt als Brennstoff in einem Motor oder zur Stromerzeugung in einer Brennstoffzelle verwendet werden. Doch wir müssen uns eine Frage stellen: Welche Technik wird in Zukunft in den verschiedenen Verkehrssektoren die Nase vorn haben?
„Jede Variante hat ihre Berechtigung. Der deutlichste Trend ist wahrscheinlich der nachhaltige Elektrobrennstoff im Luftfahrtsektor. Die Anforderungen an die Beimischung dieser Brennstoffe steigen seit Jahren kontinuierlich und eine geeignete Alternative zu Kohlenwasserstoffen für Langstreckenflüge ist aus heutiger Sicht reine Zukunftsmusik, auch wenn ich weiß, dass es ein Projekt gibt, bei dem die Möglichkeiten von Wasserstoff in diesem Bereich erkundet werden. Für die langen Schwerlast-Seetransporte sieht das Ganze besser aus. Im Moment scheint Methanol, das mit der Elektrokraftstoffmethode hergestellt werden kann, der stärkste Konkurrent zu sein, oder möglicherweise Ammoniak,“ sagt Nordlander. „Es wird derzeit davon ausgegangen, dass Methanol auch als Elektrokraftstoff hergestellt werden kann – möglicherweise auch Ammoniak. Im Schwerlastverkehr werden Brennstoffzellen und reiner Wasserstoff wahrscheinlich eine größere Rolle spielen, vor allem, wenn die Industrie allmählich auf Wasserstoff in ihren Prozessen umstellt, da Wasserstoff dann vielerorts auch für den Verkehrssektor zugänglich sein wird.“
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Vor- und Nachteile von Wasserstoff als Brennstoff
Wasserstoff kann ein Baustein für verschiedene Arten von Brennstoffen sein, von denen die wichtigsten unten aufgeführt sind. Bezüglich des Klimas ist es wichtig, dass der Wasserstoff mit fossilfreiem Strom, zum Beispiel Strom aus Offshore-Windenergie, produziert wird. Ein Elektrolyseur spaltet daraufhin Wasser in seine Bestandteile auf: Wasserstoff und Sauerstoff.
Brennstoffzellen
Eine Brennstoffzelle ist eine Art chemischer Generator, der in Elektrofahrzeugen anstelle einer Batterie zum Einsatz kommt. Im Prinzip funktioniert die Zelle wie ein Elektrolyseur, nur umgekehrt: Das Gerät bringt den Wasserstoff dazu, mit dem Sauerstoff aus der Luft zu reagieren, wodurch Strom für den Motor und Abgase in Form von reinem (und sauberen) Wasserdampf entstehen. Toyota dominiert noch immer den Pkw-Markt, aber BMW und andere Hersteller entwickeln ihre eigenen Modelle. Volvo plant, 2025 eine Testphase mit Schwerlast-Lkw mit 1.000 Kilometern Reichweite durchzuführen. China plant, bis zum Jahr 2030 eine Million Schwerlast-Brennstoffzellenfahrzeuge auf die Straße zu bringen.
Vorteil: Lange Reichweite, ein voller Tank in wenigen Minuten und ein geringeres Gewicht als Batterien.
Nachteil: Geringerer Wirkungsgrad im Vergleich zur direkten Nutzung von Elektrizität. Hohe Herstellungskosten für die Brennstoffzelle. Wasserstofftanks können viel Platz in Anspruch nehmen.
Elektrobrennstoff
Sammelbezeichnung für verschiedene Brennstoffe wie nachhaltiges Kerosin oder Methanol. Wird durch die Reaktion von Wasserstoff mit Kohlendioxyd aus Prozessemissionen, wie zum Beispiel aus dem Schornstein einer Abfallverbrennungsanlage, hergestellt. Vattenfall betreibt unter anderem mit Shell, Preem und St1 Projekte zur Herstellung von Elektrobrennstoffen.
Vorteil: Fossiles Kerosin kann ersetzt oder mit diesem gemischt werden, wodurch der CO2-Fußabdruck des Luftfahrtsektors reduziert wird. Oft eine sinnvolle Lösung, wenn andere Lösungen zur Elektrifizierung nicht in Frage kommen.
Nachteil: Geringerer Wirkungsgrad als bei direktem Elektroantrieb oder direkter Verwendung von Wasserstoff.
Biobrennstoffe
Brennstoffe wie Biodiesel und hydriertes Pflanzenöl (HVO) für Schwerlast-Lkw und andere Maschinen können auf verschiedene Weise hergestellt werden – unter anderem aus Nebenprodukten der Forstwirtschaft. Bei diesem Verfahren wird Wasserstoff verwendet, um forstwirtschaftliche Erzeugnisse in nachhaltigen Diesel umzuwandeln.
Vorteil: Bereits vorhandene Dieselmotoren müssen nicht ersetzt werden.
Nachteil: Die Verfügbarkeit von nachhaltigen, forstwirtschaftlichen Erzeugnissen und anderer Biomasse ist begrenzt.
Wasserstoff
Bereits seit dem 19. Jahrhundert wird Wasserstoff für den Antrieb von Fahrzeugen verwendet. Die Motoren sind die gleichen wie in Benzinfahrzeugen. 2005 führte BMW Tests mit seinem Modell Hydrogen 7 durch. 2022 brachte Kawasaki ein wasserstoffbetriebenes Motorradmodell auf den Markt: die Ninja H2. Toyota kündigte 2021 Pläne für ein wasserstoffbetriebenes Auto an. Wasserstoff kann auch in Gaskraftwerken verwendet werden und dort fossiles Gas ersetzen. Mehrere Hersteller wie GE und Siemens haben wasserstoffbetriebene Turbinen entwickelt.
Vorteil: Bei der Verbrennung entsteht keinerlei Kohlendioxyd, sondern nur Wasser.
Nachteil: Da das Gas eine geringe Dichte hat, kann der Gastank in einem Fahrzeug schon reichlich Platz beanspruchen. Bei hohen Verbrennungstemperaturen können Stickoxide entstehen.
Ammoniak
Ammoniak wird heutzutage hauptsächlich zur Herstellung von Düngemitteln verwendet, hat aber auch Potenzial als nachhaltiger Brennstoff, da es kein Kohlendioxyd, aber reichlich Wasserstoff enthält. Voraussetzung ist, dass bei der Produktion fossilfreier, umweltfreundlicher Strom verwendet wird. Kein namhafter Autohersteller hat derzeit Pläne für Ammoniakmotoren, der Kraftstoff könnte jedoch im Schiffsverkehr verwendet werden.
Vorteil: Ammoniak hat einen relativ hohen Energiegehalt
Nachteil: Ammoniak wird für die Düngung in der Landwirtschaft benötigt.