Pumpspeicherkraftwerke: das Schweizer Taschenmesser der Energiebranche

Über Pumpspeicherkraftwerke lässt sich elektrische Energie einfach, effizient und in großen Mengen speichern. Diese Technik erfreut sich derzeit wieder wachsender Beliebtheit.

Luftbild vom PSW Wendefurth - Staubecken und Kraftwerk

Vattenfall Pumpspeicherkraftwerk Wendefurth

Vattenfalls Pumpspeicherwerke in Deutschland

 

Wendefurth          80 MW

Goldisthal         1052 MW

Hohenwarte II    318 MW

Bleiloch               80 MW

Markersbach    1045 MW

Karte  

Im Jahr 2010 brachte Deutschland seine Energiewende auf den Weg, um ein nachhaltiges, zuverlässiges und bezahlbares Energiesystem zu schaffen. Sie sieht vor, die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 zu senken und den Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix auf mindestens 60 Prozent zu erhöhen. Pumpspeicherkraftwerke werden ein immer wichtigerer Baustein dieses Plans.

Bei dieser Art der Wasserkraft wird Energie in Form von Wasser in ein Becken oder einen Stausee gepumpt und dort gespeichert. Wenn das gespeicherte Wasser abgelassen wird und durch Turbinen fließt, wird es – einfach, zuverlässig und effizient – in elektrische Energie umgewandelt. Im Osten und Südosten Deutschlands betreibt Vattenfall mehrere Wasserkraftwerke.

Peter Apel_NR2.jpg„Ich bezeichne Pumpspeicherkraftwerke gerne als das Schweizer Taschenmesser der Energiewirtschaft“, erklärt Peter Apel, Geschäftsführer der Wasserkraft GmbH in Deutschland.

„Die Tatsache, Energie speichern zu können, sowie die technischen Daten dieser Anlagen, machen ein breites Angebot von Energieprodukten möglich. Die Anlagen sind durch ihre Schwarzstartfähigkeit zudem ein Rückgrat für die deutschen Netzbetreiber.“ Unter Schwarzstart versteht sich das Wiederanfahren eines Kraftwerks oder Netzes ohne externe Stromzufuhr.

Eine einsatzbereite Batterie

Für eine Zukunft, die zwingend fossilfrei sein muss, und damit Energie so berechenbar wie möglich zur Verfügung steht, bieten Pumpspeicherkraftwerke eine Chance, die verschiedene andere fossilfreie Energiequellen nicht bieten. Ohne Wind stehen Windturbinen still. Wenn es lange Zeit bewölkt ist, werden Solarmodule ineffizient. Das beeinträchtigt die Netzstabilität. Pumpspeicherkraftwerke hingegen, die Energie in Form von Wasser speichern, sind eine Art Batterie, die sich nach Bedarf einsetzen lässt. „Je größer die Schwankungen im Netz, desto höher ist der Bedarf, diese auszugleichen“, erklärt Apel.

Martin Loga.JPGDieses Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, ist die wichtigste Aufgabe von Pumpspeicherkraftwerken. Die batterieähnliche Funktion bedeutet auch, dass sich damit fast sofort ein Gleichgewicht herstellen lässt. „Bei hohem Stromverbrauch kann die Pumpspeicherkraft in Sekundenschnelle Energie ins Netz einspeisen“, erklärt Martin Loga, Leiter des Kraftwerksmanagements bei der Vattenfall Wasserkraft GmbH.

Ihre Reaktionsfähigkeit und Flexibilität machen Pumpspeicherkraftwerke zudem äußerst rentabel: Sind die Preise niedrig, wird das Wasser gespeichert. Steigen sie, wird es zur Energieerzeugung genutzt. Pumpspeicherkraftwerke und die Reihe der Wasserkraftwerke von Vattenfall in Flussnähe machen es möglich, die Energieart frei zu wählen. Das schafft Planungssicherheit. Noch dazu wirken sie sich positiv auf die Umwelt in den Flussgebieten aus, in denen sie liegen. Stauseen, wie das riesige Talsperrensystem Saalekaskade, können im Überschwemmungsfall als Puffer dienen und Wasser für Dürreperioden speichern.

„Das System ist in immer ausgeklügelterer Weise in der Lage, den Durchfluss über das ganze Jahr hinweg ständig anzupassen“, sagt Apel. „Wir stimmen uns dazu eng mit den Behörden ab.“

Renaissance der Wasserkraft in Schweden

Deutschland ist beim Thema Pumpspeicherkraftwerke in vielerlei Hinsicht führend. Eins der eindrücklichsten Beispiele jedoch, dass diese Art der Stromerzeugung eine Renaissance erlebt, findet sich in Schweden. Vor dreizehn Jahren wurde ein Pumpspeicherkraftwerk in Juktan, nahe Umeå im Nordosten des Landes, stillgelegt. Für alle Zeit, wie damals angenommen wurde. Doch nun plant Vattenfall, das Kraftwerk wieder zu aktivieren. Dazu wurde eine Pilotstudie durchgeführt. Die Planung sieht vor, in die Anlage zu investieren, die zu Hochzeiten, zwischen 1979 und 1996, das größte Pumpspeicherkraftwerk Schwedens war.

„Mit dem schwedischen Elektrizitätssystem ist viel passiert. Das Portfolio der Energieerzeugung hat sich verändert. Wir haben weniger Kernkraft und mehr Windkraft. Dadurch hat das System an Flexibilität verloren. Die Wasserkraft trägt hier wesentlich zur Lösung bei“, sagt Johan Dasht, Head of Hydro Power bei Vattenfall.

„Schweden wird seine Stromproduktion in den kommenden 25 Jahren etwa verdoppeln. Mit mehr Windkraft und mehr Kernkraftwerken, wird Flexibilität im System ein zunehmend wichtigerer Wert. In Zeiten von Produktionsüberschüssen, zum Beispiel wenn es sehr windig ist und die Preise fallen, können wir dies nutzen, indem wir Wasser nach oben - in höher gelegene Becken oder Stauseen - pumpen. Und in Zeiten größeren Bedarfs lassen wir das Wasser dann in die andere Richtung ab, um Strom zu erzeugen.“

Außergewöhnliche Kapazität

Durch die Wiederinbetriebnahme von Juktan würden sich die schwedischen Produktionskapazitäten erheblich erhöhen. Die Anlage könnte rund 380 MW produzieren – etwa ein Drittel der Kapazitäten eines Kernkraftwerks. „Wir könnten das Kraftwerk etwa vier Tage lang rund um die Uhr betreiben. Wir reden hier also von einer außerordentlich großen Speicherkapazität. Um die Dimension begreiflich zu machen: Bei maximaler Speicherkapazität könnten wir alle Elektroautos in Schweden, rund eine halbe Million, vollständig aufladen. Und das dreimal.“

Die Herausforderung bei der Reaktivierung von Juktan besteht nun darin, alle erforderlichen Umweltgenehmigungen zu erhalten und die Finanzierung sicherzustellen, denn die zusätzlichen Kapazitäten, die Juktan bieten könnte, werden in Zukunft benötigt.

„Die gesamte Stromproduktion in Schweden erfolgt fossilfrei, und zwar schon seit vielen Jahren. Jetzt steht an, den Transportsektor fossilfrei zu gestalten und auch möglichst alles fossilfrei herzustellen. Dazu müssen wir im Grunde die Menge an Strom verdoppeln, die wir heute produzieren. Der größte Teil des Zuwachses wird aus der Wind- und Kernkraft kommen, aber ich bin überzeugt, dass Pumpspeicherkraftwerke ein weiteres Standbein sein können. Denn zu Juktan erreichen mich viele Fragen.“

 

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