Sleipner in Norwegen: Wo CO2 seit 1996 im Gestein lagert
Während anderswo die Diskussion über die CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) im vollen Gange ist, wird Kohlendioxid im Rahmen des weltweit ersten kommerziellen CCS-Projekts bereits seit 1996 erfolgreich tief unter der Nordsee vor der Küste Norwegens gespeichert.
Seit fast 30 Jahren scheiden Statoil – jetzt Equinor – und seine Partner das CO2 von dem im Sleipner-Feld geförderten Gas ab und injizieren es in die Utsira-Sand-Formation in mehr als 800 Metern Tiefe unter dem Meeresboden. Nach der Injektion in flüssiger Form in den hochporösen Sandstein wird das Kohlendioxid unter Schiefergestein eingeschlossen, das wie ein Deckel wirkt, der das CO2 zurückhält und am Aufsteigen hindert. Aufgrund der Tiefe, des Drucks und der Temperatur bleibt es flüssig.
Hauptgrund für die Entscheidung vor fast drei Jahrzehnten, das Projekt in Angriff zu nehmen, waren die einige Jahre zuvor eingeführten CO2-Steuern in Norwegen und der hohe CO2-Gehalt des Gases von rund 9 Prozent, der über den Marktanforderungen liegt. Durch die Steuern war das CCS-Verfahren rentabler als die einfache Abscheidung des Kohlendioxids und dessen Freisetzung in die Luft. Bislang wurden mehr als 19 Millionen Tonnen CO2 gespeichert.
Technologie aus dem Öl- und Gassektor
Die Technologien, die dabei zum Einsatz kommen, sind weder neu noch besonders hochtechnologisch, weiß Christian Bernstone. Er arbeitet als Ingenieur bei Vattenfall, derzeit am Projekt, das durch Kohlenstoffabscheidung und -speicherung aus Bioenergie im Biomasse-Heizkraftwerk in Jordbro bei Stockholm zu negativen Emissionen führen soll. Dort ist er für den Teil des Transports und der Speicherung von Kohlendioxid zuständig. Er hat ferner ein von der EU finanziertes Handbuch über bewährte Verfahren für die CO2-Speicherung basierend auf dem Sleipner-Projekt mit verfasst, das von der British Geological Survey veröffentlicht wurde.
„Es handelt sich hier um konventionelle Technologie aus der Öl- und Gasindustrie. Diese Techniken existieren schon seit Langem, im Grunde seit Beginn der Öl- und Gasexploration. Es ist nur eben umgekehrt: Man gibt etwas hinein, anstatt etwas zu entnehmen“, erklärt Bernstone.
Die Techniken zur Datenerfassung, Modellierung und Messung haben sich jedoch seit 1996 weiterentwickelt, so dass es für die Ingenieure einfacher geworden ist, vorherzusagen, wie sich das CO2 nach der Injektion in den verschiedenen geologischen Formationen verhalten wird. Abgesehen davon wurden vor allem die Technologien zur Kohlendioxidabscheidung weiterentwickelt, sodass die Verfahren nun energieeffizienter sind.
Durch neue Technologie ist es zudem möglich, dass Schiffe mit flüssigem CO2 an Bord dieses in schwimmende Injektionsplattformen pumpen. Von dort wird das Kohlendioxid direkt in die Speicheranlage gepumpt – anstatt dass eine Pipeline von Land aus verlegt wird. Schließlich erfolgt die Speicherung zumeist nicht in der Nähe der Entstehungsquelle, wie es bei Sleipner der Fall ist.
Auch bei der Suche nach neuen Kohlenstoffspeicherstätten kann sich die CCS-Industrie – vielleicht etwas ironisch – an die Öl- und Gasindustrie halten. Denn nicht nur die Arbeitsmittel sind gleich. Auch die geologischen Formationen: Wo sich potenziell Öl- und Gasfelder befinden, lässt sich auch CO2 speichern. Und es gibt viele im Zuge früherer Öl- und Gasexplorationen erhobene Daten, die sich nun nutzen lassen, um Orte zur Speicherung von Kohlendioxid zu finden.
Gesetze für eine sichere Lagerung
Auch die Gesetzgebung hat sich weiterentwickelt. 1996 gab es noch keine CCS-spezifischen Rechtsvorschriften, seitdem jedoch haben die Gesetzgeber in Europa, den Vereinigten Staaten und anderen Teilen der Welt strenge Regeln aufgestellt.
In der EU ist seit 2009 die CCS-Richtlinie in Kraft. Zwar ist Norwegen kein EU-Mitglied, doch wird die Richtlinie durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in norwegisches Recht umgesetzt.
Mit der CCS-Richtlinie wird beabsichtigt, jedes signifikante Risiko von Leckagen oder Schäden für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt auszuschließen. Eines der Kriterien für die Betriebsgenehmigung einer CCS-Anlage ist der Nachweis, dass die Lagerung sorgfältig überwacht wird und langfristig leckagesicher ist.
Das bedeutet, dass Vattenfall und andere Unternehmen, die Speicherkapazitäten kaufen wollen, sich auf einen sicheren Umgang mit dem CO2 verlassen können, so Bernstone.
„Man kann darauf vertrauen, dass die geltenden Vorschriften dafür sorgen, dass nur eine Speicherlizenz erhält, wer strenge Anforderungen erfüllt“, sagt er.
Es war ein Glücksfall, dass das Steuerrecht in Norwegen bereits vor fast 30 Jahren Anreize dafür setzte, mit der kommerziellen CO2-Speicherung zu beginnen, ist Bernstone überzeugt. So gewann man Unmengen an Informationen und hat viel gelernt, wo nun der Kampf gegen den Klimawandel mehr drängt als je zuvor. Und so wurde klar, dass CCS ein wichtiges Instrument sein kann, insbesondere für schwer dekarbonisierbare Sektoren wie die Zementherstellung und die Luftfahrt.
„Wir haben vor allem gelernt, dass die Kohlenstoffspeicherung wirklich so funktioniert wie gedacht“, erklärt Bernstone.