Endlager-Kommission: Beteiligung gesucht!

Berlin am Samstag, den 20. Juni: Kurz vor dem längsten Tag des Sommers kommen rund 200 Bürgerinnen und Bürger in der Jerusalemkirche in Berlin-Kreuzberg zusammen. Eingeladen hatte die Kommission zur Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe. Die 33 Mitglieder aus Politik, Gesellschaft und Wissenschaft haben die Aufgabe, Vorschläge für die Entscheidungsgrundlagen im späteren Standortauswahlverfahren zu erarbeiten. Zudem befasst sich die Kommission mit dem Auswahlprozess und den Möglichkeiten der Beteiligung der Öffentlichkeit. Eine hehre Aufgabe, vor allem vor dem Hintergrund der Diskussionen und Proteste zu den bestehenden Lagern bzw. bereits stattgefundenen Schritten zur Standortauswahl. Asse, Konrad und vor allem Gorleben sind hoch emotional besetzte Namen.

So begann der Tag auch mit einer Demonstration der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg und dem Anti-Atomnetzwerk „Ausgestrahlt“ vor der Kirchentür. Jochen Stay von .ausgestrahlt begründet, warum die Vertreter der Anti-Atombewegung nicht an dieser „Simulation der Bürgerbeteiligung“ teilnehmen. Zu groß ist das Misstrauen. Zu wenig seien die Forderungen der Bewegungen berücksichtigt. Deshalb ziehen er und alle weiteren Vertreter vor, parallel im Forum Pfefferberg im Stadtteil Prenzlauer Berg über den Prozess zu diskutieren und ihre eigene Konferenz zu eröffnen. Verbunden bleiben sie allerdings durch Schüler des Landkreis Lüchow-Dannenberg, die mit ihrem Lehrer zwischen den Veranstaltungen hin und her pendeln und die Eindrücke aus der Jerusalemkirche zum Pfefferberg tragen.

Breites Themenspektrum

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Fünf Fokusgruppen diskutierten zu den Themen:

  • Wie wird sichergestellt, dass die Kosten verursachergerecht getragen werden? 
  • Wie ist die Standortsuche im gesellschaftlichen Konsens möglich?
  • Sollte die Bundesregierung Bau, Betrieb und Kontrolle von Endlagern neu organisieren? 
  • Welchen Einfluss soll die Öffentlichkeit auf das Suchverfahren haben?
  • Gibt es zum Endlager und in tiefen Bergwerken bessere Alternativen?

Ergänzend beschäftigte sich ein World-Café mit den Grundsätzen guter Beteiligung und ihren Inhalten, ihrer Form und den Einfluss der Ergebnisse dieser.

Neue Qualität der Bürgerbeteiligung

„Sie haben heute hier die Möglichkeit, alles was Sie erwarten so zu fixieren, um damit den Prozess zu beeinflussen“, motivierte Hartmut Gaßner in der Eröffnung die Teilnehmer. Der Jurist und Aufsichtsratsvorsitzende der Berliner Bürgerenergie ist Vorsitzender einer Arbeitsgruppe innerhalb der Kommission. Sein Ziel ist es, eine Bürgerbeteiligung mit einer neuen Qualität zu schaffen. Es habe lange gedauert, dass überhaupt die Aufgabe mit einer Beteiligung verbunden wurde. Diese solle nun nicht auf ein Format beschränkt sein. Es gebe kein „Einlullungskonzept“. Er appellierte an die Gruppen, die der Arbeit der Kommission kritisch gegenüber stehen, über gemeinsame Fragen in den Dialog zurückzufinden. „Es sind Wunden geschlagen worden. Das ist eine Herausforderung für uns alle, damit umzugehen.“

Neustart bei der Lagersuche 

Deutschland steht bezüglich der Lagerung hoch radioaktiver Stoffe vor einem Neustart. Es solle ein Standort gefunden werden, „der die bestmögliche Sicherheit für eine Millionen Jahre gewährleistet“, so heißt es im Standortauswahlgesetz. Diese neue Suche muss fairen und transparenten Regeln folgen, sagt die Vorsitzende Ursula  Heinen-Esser. Ihr Ziel ist es, ein Suchverfahren zu umschreiben, das breite Zustimmung findet. Dies sei nur mit einer möglichst umfassenden öffentlichen Beteiligung möglich. Die Kommission versucht ihrerseits, dem nachzukommen. So habe sie von Anfang an transparent, vor den Augen der Öffentlichkeit gearbeitet. Die Sitzungen seien öffentlich und werden im Internet übertragen. Hier sind auch alle Protokolle und Unterlagen hinterlegt. Basis für jeden, sich einzumischen: dazu gibt es Veranstaltungen wie die heutige, ein Forum oder den herkömmlichen Dialog per Email oder Post. Es müsse im Interesse aller liegen, diese Suche mitzugestalten und zu gewährleisten, dass ein Standort gefunden wird, der die bestmögliche Sicherheit leistet.

Konsens eine Herausforderung 

In den Fokusrunden und Pausengesprächen wird allerdings schnell klar, dass das Interesse an der Mitgestaltung noch nicht in der breiten Öffentlichkeit angekommen ist. Die 200 Besucher sind alle mehr oder weniger interessierte Fachöffentlichkeit. Fast jeder hat einen Bezug zum Thema, sei es politisch, gewerkschaftlich, beruflich, wissenschaftlich oder auch regional, wie die Schulklasse. Doch trotz der Themennähe gab es lebhafte Diskussionen; vom Konsens war man in vielen Punkten weit entfernt. 

Vortrag der Gruppenergebnisse, Foto: Vattenfall

Was kann unsere Gesellschaft leisten?

Einer der wenigen Punkte in denen sich alle einig waren, ist, dass eine Lösung geschaffen werden muss. Die Abfälle sind da. Jetzt sei die Chance, sich Gehör zu verschaffen. Die Politik wolle Beteiligung lernen. Zwar zeigt schon das Forum am Samstag spätestens in der Zusammenfassung der Ergebnisse aus den einzelnen Gruppen, dass dies eine Herausforderung ist. Schließlich setzt jeder unterschiedliche Schwerpunkte in der Wiedergabe des Erlebten, Gehörten oder an ihn Herangetragenen. Aber das gehört zum Lernprozess. So unterstreicht auch Michael Müller, der zweite Vorsitzende der Kommission, in seiner Abschlussrede: Die Pflicht sei es, eine Lösung zur Lagerung zu finden; die Kür, zu zeigen was unsere Gesellschaft leisten kann.

Mehr zum Thema

Kommissionsmitglied Jörg Sommer im Blog

Artikel im Tagesspiegel von Dagmar Dehmer

Jochen Stay von Ausgestrahlt

Protokolle und Unterlagender Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe


 

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