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Turboflieger Wanderfalke wohnt am Schornstein
Sie waren fast ausgestorben, doch jetzt erholt sich die Population der Wanderfalken langsam wieder. Nisthilfen hoch oben an Schornsteinen werden dabei gern angenommen. Den Tieren ist es dabei egal, dass sich diese auf einem Kraftwerksgelände befinden.
Die Aussicht aus dem 110 Meter hohen Penthouse von Familie Wanderfalke ist perfekt. Auf dem Schornstein des Heizkraftwerks Reuter hat das Falkenpärchen optimale Bedingungen für die ungestörte Brut und Aufzucht ihrer Jungen gefunden. Ein bis drei Jungtiere pro Jahr ziehen die Falken hier auf. Das ist wichtig, damit sich der Bestand der Greifvögel weiter erholt.
Aktuell leben hier zwei Jungtiere. Trotz der Abgeschiedenheit ihres Nestes, erwarten sie Besuch: Paul Sömmer kommt im Auftrag der Naturschutzstation Woblitz und wird die Jungtiere begutachten und beringen. Dabei erhalten die Jungfalken zwei Aluminium-Ringe, die Auskunft über das Tier geben.
Felsspalte oder Schornstein, Hauptsache hoch
Mit dem Wachsen der Bestände wurden zunehmend auch städtische Gebäude besiedelt. Bei der Wahl der Brutstätten bevorzugen Wanderfalken die höchsten Sitzwarten. Aufgrund der jahrhundertelangen Verfolgung durch den Menschen sind die Tiere scheu geworden. Daher lieben sie die Behausungen in den höheren Etagen; am besten in Wassernähe, um gut jagen zu können.
Der urbane Raum bringt den Falken weitere Vorteile. „Anders als in ihren gewohnten Felsspalten spielen hier Wettereinflüsse keine Rolle,“ sagt Sömmer. „In ihrer natürlichen Umgebung kann es zum Beispiel zu Wasserein- oder Felsabbrüchen kommen. Hier sind sie in Nistkästen davor sicher.“
Durch die deutliche Bestandszunahme auf ein gesichertes Populationsniveau konnte der Wanderfalke inzwischen in der Roten Liste gefährdeter Arten heruntergestuft werden. Er ist allerdings weiterhin auf Schutzmaßnahmen angewiesen. So wird auch im Kernkraftwerk Brunsbüttel seit 1993 durch einen am Schornstein angebrachten Brutkasten Hilfe geboten. Damit wird nicht nur ein gut gelegener Nistplatz geboten, sondern auch ein Quartier für den Winter. Seit fünf Jahren hat sich hier nun dauerhaft ein Falkenpaar am Kraftwerk eingenistet.
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Paul Sömmer beringt das Falkenjunge, Foto: Vattenfall
Bis die Küken flügge werden, haben ihre Eltern viel Arbeit mit dem Füttern der Jungen. In der ersten Junihälfte verlassen die Jungen ihren Brutplatz und werden nach dem Ausfliegen noch etwa drei Wochen von ihren Eltern versorgt. Dann jagen sie allein, wobei sie Geschwindigkeiten von knapp 500 Stundenkilometern im Sturzflug erreichen. Schon im nächsten Frühjahr suchen sie ihren eigenen Brutplatz in einer Nische, einem anderen Greifvogelhorst oder in einem Nistkasten hoch über der Erde.
Wanderfalken nutzen gerne Kraftwerksschornsteine, dazu ein Video.
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Der Wanderfalke - Vogel des Jahres 1971