Windpark Aberdeen baut auf Saugeimer-Fundamente
Der neue Windpark von Vattenfall in der Bucht von Aberdeen vor der schottischen Küste wird auf Saugeimer-Fundamenten installiert. Weil die Fundamente nicht in den Meeresboden gerammt werden müssen, werden Meerestiere wie Schweinswale geschützt. Aberdeen Bay wird der erste kommerzielle Offshore Windpark sein, der komplett auf Suction Bucket-Fundamenten steht. Die Installationsarbeiten stehen kurz bevor.
Anfang Januar hat bereits der 92,6 Tonnen schwere Transformator die Umspannstation Blackdog erreicht – nach einer Reise von Ungarn über Österreich und Deutschland bis nach England. Der Transformator wird später dafür sorgen, dass die Spannung von 66 Kilovolt auf 275 Kilovolt für das nationale Verteilnetz National Grid hochgespannt wird.
Mitte Dezember hatte bereits einer der weltgrößten Schwimmkrane in Peterhead Port nördlich der Bucht von Aberdeen festgemacht. Die Asian Hercules III wird später die 77 Meter hohen Fundamente in den Meeresboden heben. Jedes dieser Jacket-Fundamentstrukturen wiegt 1.800 Tonnen – fast so viel wie eine Boing 747.
Die neue Technik vermeidet Schallemissionen
Für den herkömmlichen Aufbau der Fundamente von Offshore-Windanlagen werden sogenannte Monopiles in den Meeresboden gerammt. Unvermeidliche Begleiterscheinungen dieses Verfahrens sind Schallimmissionen. Insbesondere Fische und Meeressäuger reagieren jedoch empfindlich auf die Schallimmissionen. Aber auch Bewohner nahegelegener Küstengemeinden spüren die Auswirkungen der Rammarbeiten.
Die Saugeimer-Fundamente wurden im britischen Newcastle zusammengebaut. Foto: Vattenfall
Aus diesem Grund setzt Vattenfall jetzt die praktisch geräuschlose Saugeimertechnik ein. Anstatt des Einsatzes von Monopiles werden die Windturbinen mit diesen riesigen umgedrehten Eimern und zusammen mit einem Jacket-Unterbau im Meeresboden verankert.
„Der Meeresboden in der Bucht von Aberdeen ist für diese Art von Fundamenten hervorragend geeignet“, sagt Diane Vrielmann. Schottland ist für seine Wale und Delphine bekannt – mit dem neuen Verfahren kann die Beeinträchtigung auf die Tierwelt durch Geräusche deutlich minimiert werden. „Zwar kann man den Schall beim Pfahlrammen durch Lärmdämmung minimieren. Aber das ist relativ teuer – Kosten, die wir bei dieser Technik nicht investieren müssen.“
Saugeimer ersetzen das Rammen
Die Saugeimertechnologie ist keine neue Technik. In der Öl- und Gasindustrie wird sie schon lange angewandt und hat sich bewährt. Beim Projekt Windpark Aberdeen kommt sie zum ersten Mal im kommerziellen Rahmen zum Einsatz.
Beim Bau der Anlage wird Wasser aus den Eimern gepumpt (s. Grafik). Das erzeugt einen Druckunterschied, der die Eimer in den Meeresboden zieht. Im Prinzip werden Pfahlrammen durch Wasserpumpen ersetzt.
Der Abbau am Ende der Betriebszeit des Windparks verläuft genau umgekehrt wie der Aufbau. Man pumpt einfach das Wasser wieder in die Eimer zurück und hebt so das ganze Bauwerk aus dem Meeresboden.
Hochspannung und Transport verdoppelt mit weniger Kupfer
Neben den Saugeimerfundamenten und den Riesenturbinen hat das Projekt Windpark Aberdeen noch eine dritte Neuheit zu bieten: eine Innerpark- und Exportverkabelung mit einer Hochspannung von 66 Kilovolt anstatt der traditionellen 33 Kilovolt-Verbindung wie bei anderen Windparks – diese transportiert doppelt so viel Strom. Weil Übertragungsverluste gemindert werden und man weniger Kupferkabel benötigt, sinkt nicht nur der Rohstoffbedarf, sondern auch die Installationskosten. Diane Vrielmann: „Die Vorteile sind erheblich. Je größer der Windpark, desto mehr spart man.“
Umfangreiche Vorbereitungen
Um den Erfolg der Saugeimerinstallation zu garantieren, wurden umfangreiche Untersuchungen der Bedingungen am Meeresboden durchgeführt. Außerdem wurden Offshore-Prototypen errichtet und in maßstabgerechten Versuchsläufe getestet. Das war deshalb besonders wichtig, weil das Fundament die mit 8,4 Megawatt leistungsstärkste Windturbine der Welt tragen soll. Die Fundamente selbst mit ihrem Durchmesser von 10,5 Metern wurden dann im britischen Newcastle zusammengebaut.
Energiepakete: Schubkraft für die Offshore-Windkraft
Die elf Anlagen werden mehr als 300 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr produzieren. Das entspricht etwa einem Drittel der Jahresproduktion des Windparks Thanet mit 100 Anlagen. Dies zeigt, wie innerhalb von wenigen Jahren die Stromerzeugungskosten von Offshore-Wind deutlich reduziert werden konnten.
Pilotanlage für technische Erprobung
Das European Offshore Wind Deployment Centre in der Bucht vor Aberdeen ist eine Test- und Demonstrationsanlage, um neue Technologien für die Offshore-Windenergie zu entwickeln. Es umfasst auch ein wissenschaftliches Forschungsprogramm über 3 Millionen Euro. Ziel ist es, mehr über den Zusammenhang zwischen der Erzeugung von Offshore-Windenergie, der Umwelt und dem menschlichen Einflüssen zu erfahren.
Das Fazit von Diane Vrielmann: „Die Saugeimer-Technologie kann in der Branche der Windenergie, die immer mehr zu tieferen Gewässern und größeren Turbinen tendiert, die bessere Option darstellen. Die Technologie kann dort besonders gut eingesetzt werden, wo die Bodenbedingungen für Monopiles nicht geeignet sind und könnte daher für die Offshore-Windbranche neue Bereiche erschließen.“
Fakten Windpark Aberdeen
- Land: Schottland, Großbritannien
- Baubeginn Onshore: Ende 2016;
- Offshore: Dezember 2017
- geplante Fertigstellung: September 2018
- Gesamtkapazität: 11 Windenergieanlagen mit jeweils bis zu 8,4 Megawatt Leistung
- Erwartete Produktion: rund 300 GWh = 300 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr (Das entspricht dem Bedarf von bis zu 68.000 Haushalten)
- Investition: 425 Millionen Euro
- Fundament: Jacket-Saugeimer-Fundamente
- Wassertiefe: 19 – 32 Meter
- Saugeimerdurchmesser: 9,5 – 10,5 Meter
- Saugeimerlänge: 9 – 13 Meter
- Gewicht: 1.800 Tonnen (schwerstes Fundament)
European Offshore Wind Deployment Centre