SaltX - neuer Salzspeicher im Test
Um die Energiewende voranzubringen, werden unter anderem mehr Strom- und Wärmespeicher benötigt. Ob Wasser, Stahl oder auch Salz – die Möglichkeiten sind vielfältig.
Aktuell untersucht Vattenfall gemeinsam mit dem schwedischen Unternehmen SaltX Technology im Berliner Heizkraftwerk Reuter, wie gut Salz überschüssigen Strom als Wärme speichern kann. Denn Salz kann bis zu zehnmal mehr Energie aufnehmen als beispielsweise Wasser. Anfang November 2018 begann der Aufbau der ersten von zwei identischen Pilotanlagen, die im Frühjahr 2019 den Betrieb aufnehmen sollen. Die Pilotanlage soll Energie in das Berliner Fernwärmenetz einspeisen.
Karsten Wiedemann, Leiter Energiepolitik und Neue Märkte beim Energiefachverlag energate, hat sich das patentierte Verfahren vor Ort erläutern lassen und den Aufbau des ersten Speichers mitverfolgt:
Gemeinsam mit der schwedischen Firma SaltX Technology wird der Energieversorger Vattenfall im kommenden Jahr einen neuen chemischen Wärmespeicher in Betrieb nehmen. Die Anlage in Berlin beruht auf einem nanobeschichteten Salz und soll zehn Mal mehr Energie aufnehmen können als Wasser. Einfache Wärmespeicher (Power-to-Heat) sind bereits relativ etabliert. Sie erwärmen wie bei einem Tauchsieder über Strom Wasser, etwa als zusätzlicher Verbraucher in Zeiten hoher Einspeisung von erneuerbaren Energien. Der Salzspeicher, der am Heizkraftwerk Reuter C entsteht, soll nicht nur deutlich mehr Energie aufnehmen können als ein Warmwasserspeicher, sondern beim Entladen auch Strom erzeugen können. Diese Flexibilität ist es, die die Technik für Vattenfall interessant macht.
Im Kern beruht der Prozess auf einem mit Nanopartikeln aus Silicat beschichteten Salz (Calciumoxid). Die Nanostruktur ist dabei entscheidend. "Sie verhindert, dass das Salz verklumpt und damit unbrauchbar wird", erklärt Markus Witt, Leiter Energiewirtschaft bei Vattenfall. Dies war bei bisherigen Versuchen mit Salz als Energiespeicher stets die Achillesverse. Die Salzkristalle werden durch die Nanoversieglung zu einer Art Schwamm, der die Energie aufnehmen und wieder abgeben kann. Ein Kubikmeter des Materials verfügt laut Vattenfall über die Speicherkapazität von zehn Kubikmeter Wasser. Das Salz hat die schwedische Firma SaltX Technology entwickelt und als "Enerstore" patentieren lassen. Für die Herstellung der Nanokristalle liefert die deutsche Chemiefirma Wacker einen Teil der Rohstoffe.
Geschlossener Prozess
Der Salzwärmespeicher beruht dabei auf einem Kreislauf. Das Salz wird zum Kochen gebracht, Salz und Wasser trennen sich voneinander. Diese Trocknung (Hydrierung) des Salzes ist der Ladeprozess. Er könnte stattfinden, wenn im Netz zu viel Strom vorhanden ist. "Wir nutzen den Strom dann hier, statt Windanlagen abzuregeln", sagt Witt. Das getrocknete Salz, im Prinzip also die Energie, wird in einem Silo gelagert. Wird ihm in einem zweiten Schritt heißer Dampf zugeführt, entsteht eine stark exotherme Reaktion, das Calciumoxid wird zu Calciumhydroxid. Die dabei entstehenden Temperaturen von bis zu 500 Grad reichen aus, um über Wasserdampf eine Turbine zu betreiben und Strom zu erzeugen oder den Dampf für das Fernwärmesystem zu nutzen, das Vattenfall in Berlin betreibt. Das feuchte Salz gelangt ebenfalls in einen Silo, um dann für einen erneuten Zyklus wieder getrocknet zu werden.
Theoretisch lässt sich Salz immer wieder verwenden. SaltX hat das Verfahren in einer Pilotanlage in Schweden mit einer Leistung von 20 kW in über 10.000 Ladezyklen getestet. Die Anlage in Berlin soll eine Leistung von 5 MW haben. Der Betrieb ist zunächst auf ein Jahr ausgelegt, sagt SaltX-Vertriebsleiter Christofer Rhen. Es geht darum, den chemischen Prozess zu kontrollieren und Daten zu sammeln, sagt er.
Skalierbare Größe
Langfristig plant das schwedische Unternehmen das Prinzip als skalierbaren Speicher anzubieten und über Partner bauen zu lassen. Die Kosten für den Bau der Anlage in Berlin von rund 3,5 Mio. Euro finanzieren die Schweden über Investoren. Vattenfall stellt den Raum, sowie die Anschlüsse sowie Strom und Dampf zur Verfügung.
Das Projekt am Standort Reuter C ist Teil der Strategie Vattenfalls, bis zum Jahr 2030 Energie CO2-frei zu produzieren. Wirtschaftlich zu betreiben ist der Salzwasserspeicher erst einmal nicht. Ein Grund dafür ist, dass wie bei allen Speichern, der verwendete Strom mit Abgaben und Umlagen belastet ist. Vattenfall plant, das Projekt in das Forschungsvorhaben WindNODE zu integrieren, dann könnte ein Teil der Umlagekosten entfallen.
Der Artikel erschien am 11. Dezember 2018 online im energate messenger:
Vattenfall testet neuen Salzspeicher von Karsten Wiedemann
Salz als Energiespeicher
SaltX Technology (Englisch)