Pilotanlage  SaltX in Reuter West

SaltX – neuer Salzspeicher in Betrieb

Wind- und Solarenergie sind günstige und vor allem CO2-neutrale Energiequellen. Für das Gelingen der Energiewende sind sie essenziell. Doch sie stehen nicht kontinuierlich zur Verfügung. Wird mehr Energie erzeugt als benötigt, muss die überschüssige Energie gespeichert werden. Ein Thema, das die Branche beschäftigt und auch künftig beschäftigen wird, denn die eine Universallösung gibt es nicht. Dafür aber vielversprechende Ansätze und Pilotprojekte. Eines davon ist: Salz.

Der Text ist zuerst in der Spezialausgabe des Fachmagazins emw von energate zum Thema „Grüne Wärme“ erschienen.

In Kooperation mit dem schwedischen Unternehmen SaltX Technology erprobt Vattenfall derzeit im Heizkraftwerk Reuter am Standort Berlin, inwieweit sich überschüssige Energie aus Wind oder Solar in Salz speichern lässt. Denn Salz kann bis zu zehnmal mehr Energie aufnehmen als beispielsweise Wasser, das als Speichermedium in Power-to-Heat-Anlagen eingesetzt wird. SaltX hat mit „EnerStore“ eine Technologie entwickelt und patentieren lassen, mit dem sich ein besonderes, nanobeschichtetes Salz zur Energiespeicherung vielfach reversibel nutzen lässt. Das bedeutet konkret: Durch die besondere Nanobeschichtung kann das Salz tausende Male ge- und entladen werden, ohne seine Eigenschaften zu verlieren.

Nanosalz für SaltX-Anlage mikroskopisch betrachtet

Nano Coated Salt

Die so gespeicherte Energie lässt sich verlustfrei über Wochen oder Monate vorhalten, bis sie benötigt wird.

Salz als Wärmespeicher

Diesen Prozess machen sich Vattenfall und SaltX in ihrer Pilotanlage im Heizkraftwerk Reuter zunutze. Anstelle von reinem Wasser verwenden die Projektpartner dort jedoch Wasserdampf, denn anders als herkömmliches Speisesalz, nimmt das nanobeschichtete und dadurch wasserabweisende (hydrophobe) Salz Wasser nicht auf. Durch die Umwandlung von Calciumoxid zu Calciumhydroxid entsteht dabei eine Temperatur von 550 Grad Celsius im Salz. Diese durch den chemischen Prozess freigesetzte Energie wird mithilfe eines Wärmetauschers in Form von heißem Wasser in das Berliner Fernwärmnetz eingespeist. Alternativ ließe sich die Energie auch zur Stromerzeugung nutzen, indem sie ihrerseits eine Turbine antreibt.

Energy_Storage_SaltX.JPG

Das Problem bei gewöhnlichem Salz besteht darin, dass der Prozess der Trennung und Verbindung (Dehydrierung/Hydrierung) des Salzes sich nur einige Male wiederholen lässt. Nach mehrmaligen Versuchen werden die Kristalle größer, kleben aneinander und verhindern dadurch eine wirksame chemische Reaktion.

Der Clou bei der Technologie von SaltX ist die bereits erwähnte Nanobeschichtung, wodurch sich das Salz tausende Male be- und entladen lässt, ohne seine Eigenschaften zu verlieren. So lässt sich der Ladevorgang nahezu unbegrenzt wiederholen. Zum Trocknen des feuchten Salzes kann beliebige Energie zum Einsatz kommen, aus erneuerbaren Ressourcen bis hin zu ansonsten ungenutzten Quellen wie zum Beispiel die Abwärme eines Motors oder Gasbrenners.

Bei Laborprüfungen hat sich die Technologie bereits bewährt. Im nächsten Schritt wird das Verfahren im Industriemaßstab unter Realbedingungen untersucht, um zu ermitteln, ob sich die Laborergebnisse in komplexeren Dimensionen reproduzieren lassen.

Energie für Berlins Fernwärme

Die Pilotanlage im Heizkraftwerk Reuter im Nordwesten Berlins besteht aus zwei parallelen Strängen, verfügt über eine Gesamtleistung von fünf Megawatt und enthält pro Strang 15 Kubikmeter Salz. Sie wurde ab Anfang November 2018 über mehrere Monate hinweg in der Maschinenhalle des Heizkraftwerks errichtet und speist seit März die zwischengespeicherte Energie in das Fernwärmenetz der Hauptstadt ein.

Das Projekt ist Teil der Unternehmensstrategie von Vattenfall, Strom und Wärme innerhalb einer Generation ohne fossile Brennstoffe zu erzeugen. Zudem ist es ein gutes Beispiel für gelungene Sektorenkopplung. Aufgrund der Abgaben und Umlagen, die auf Strom entfallen, wäre der Salzspeicher aktuell jedoch noch nicht wirtschaftlich zu betreiben.

Unabhängig vom Aspekt der Wirtschaftlichkeit sind noch einige Fragen zu beantworten, bevor das Projekt die Pilotphase verlassen und Wirklichkeit werden kann. Eine davon ist, wie sich sehr große Mengen Salz in entsprechend großen Behältern effizient trocknen lassen. Andere Überlegungen betreffen die Reaktionsgeschwindigkeit sowie die Kontrolle über den Prozess. Nach Abschluss des Projekts Ende des Jahres sollen die Antworten darauf vorliegen.


Die chemische Reaktion dahinter

Das Grundprinzip ist simpel: Die Energie wird chemisch gespeichert, indem feuchtes Salz zum Kochen gebracht und so vom Wasser getrennt wird (Dehydrierung). Für diesen Trocknungsprozess wird Überschussstrom genutzt, der das Netz belastet – zum Beispiel viel Windstrom an stürmischen Tagen. Anders als aktuell müssten Windkraftanlagen dann nicht mehr abgeregelt werden.

SaltX_Prozess.JPGUm die gespeicherte Energie aus dem getrockneten Salz wieder freizusetzen, müssen sich beide Stoffe, Salz und Wasser, wieder miteinander verbinden (Hydrierung). Durch die Zugabe von Wasser zu Calciumoxid, dem trockenen Salz, wird es in Calciumhydroxid umgewandelt und setzt Energie in Form von Wärme frei.


Zuerst erschienen in:

Spezialausgabe des Fachmagazins emw von energate zum Thema „Grüne Wärme“

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