Kunst am Kraftwerk
Charlotte Hintzmann lebt und arbeitet als freiberufliche Illustratorin in Hamburg und studiert Wissenschaftliche Illustration an der Hochschule für angewandte Wissenschaften. Sie hat für eine Freifläche vor dem Berliner Heizkraftwerk Buch eine Illustration gestaltet.
Wir sprachen mit der gebürtigen Köpenickerin über ihre Arbeit und die Auswirkungen der Pandemie auf die Kunstbranche.
1. Kulturschaffende gehören zu den Berufsgruppen, die von der Corona-Pandemie besonders schwer betroffen sind. Wie empfinden Sie die Situation?
Charlotte Hintzmann: Es ist schwierig. Die finanziellen Hilfen für die Kreativbranche haben nur einen geringen Umfang. Da viele Künstler und Künstlerinnen gerade nicht arbeiten dürfen, müssen sie von ihrem sozialen Umfeld aufgefangen werden. Wir verstehen, dass unsere Berufe nicht per se systemrelevant sind. Dennoch muss die Frage gestellt werden, ob wir in einer Gesellschaft leben wollen, in der es kein Theater, keine Konzerte, keine anspruchsvollen Filme oder Bücher mehr gibt. Sondern nur noch Unterhaltungsfernsehen und Unterhaltungsmagazine. Immerhin ist das Thema präsent. Wir reden in der Corona-Krise mehr darüber, welchen Wert Kultur und Kunst für uns überhaupt hat.
2. Wie ist Ihre persönliche Situation?
Ich habe das große Glück, dass ich in meinem Atelier unter Einhaltung der Hygienebedingungen auch während der Corona-Pandemie arbeiten und somit weiter den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen pflegen kann. Dennoch spüre ich die Auswirkungen. Die Verdienstmöglichkeiten haben sich für Bildende Künstler und Designer verschlechtert. Es ist schwer neue Aufträge zu bekommen. Als Illustratorin sind für mich zum Beispiel Fachmessen wichtige Termine. Die sind ausgefallen. Auch Kongresse und Konferenzen gibt es keine. Ebenso wenig wie Ausstellungen und Lesereisen. Auf der anderen Seite ergeben sich durch die Pandemie auch neue Möglichkeiten. Für digitale Veranstaltungen gibt es den Bedarf nach live gestreamten, zeichnerischen Visualisierungen. Da Fotoshootings nicht wie gewohnt durchgeführt werden können, werden als Alternative häufiger Illustrationen angefragt.
3. Im Frühjahr haben Sie für Vattenfall in Berlin-Buch ein Banner gestaltet. Wie kam es dazu?
Der Kontakt zu Vattenfall besteht schon länger. Ich hatte mich 2015 illustrativ mit dem Heizkraftwerk Klingenberg auseinandergesetzt. Industrielle Architektur, speziell die Ästhetik von Kraftwerken, hat mich schon immer fasziniert. Das Thema Energie liegt bei mir in der Familie. Mein Großvater war Ingenieur und hat für das Vorgängerunternehmen, die Bewag, und für Vattenfall gearbeitet. Zunächst in Klingenberg, später war er an der Errichtung des Heizkraftwerks Mitte beteiligt. Über die aktuelle Anfrage habe ich mich sehr gefreut.
Es handelt sich um eine 1,80 mal 7 Meter große Fläche, auf der ich die Zusammenhänge zwischen Wärmeerzeugung und -verbrauch visualisiert habe.