Alarmstufe Gas – die Folgen für Vattenfall

Angesichts verringerter Gaslieferungen aus Russland hat die Bundesregierung am 23. Juni die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Seitdem ist klar: Die Gasversorgungslage ist angespannt. Was tut Vattenfall in der aktuellen Situation? Wir haben wichtige Informationen zusammengefasst.

Was bedeutet die Ausrufung der Alarmstufe?

Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist aktuell gewährleistet. Mit der ausgerufenen Alarmstufe im Notfallplan Gas wird die Lage noch intensiver beobachtet und das Signal gesendet, dass der Gasverbrauch aus Vorsorgegründen reduziert werden soll. Auch in der Alarmstufe kümmern sich die Marktakteure – und nicht der Staat – um die Aufrechterhaltung einer stabilen Gasversorgung. Dazu gehört beispielsweise Flexibilitäten auf der Beschaffungsseite zu nutzen, auf Gasspeicher zurückzugreifen und Lastflüsse zu optimieren.

Was heißt das für unsere Kund:innen?

Akute physische Auswirkungen bestehen für unsere Kund:innen derzeit nicht. Laut den gesetzlichen Bestimmungen gilt im Falle eines Gas-Engpasses zudem eine Abschaltreihenfolge, wobei bspw. Haushaltskunden sowie Kund:innen aus der Gruppe der sogenannten „grundlegenden sozialen Dienste“ mit Blick auf die Versorgungssicherheit besonders geschützt sind. Daran ändert sich mit der Ausrufung der Alarmstufe erst einmal nichts.

Klar ist aber: Jede Kilowattstunde Gas, die unsere Kund:innen jetzt einsparen, trägt zur Versorgungssicherheit bei und sorgt dafür, dass mehr Gas eingespeichert werden kann. Wir brauchen daher eine gemeinsame Kraftanstrengung, um so viel Energie wie möglich einzusparen. Dabei helfen auch kleine Dinge im Alltag, zum Beispiel Raumtemperatur abzusenken oder etwas kürzer zu duschen.

Wie hoch ist der Erdgasverbrauch in Deutschland und wie viel Gas kam zuletzt aus Russland?

Deutschland hatte 2021 einen Erdgasverbrauch von 1016,2 Terrawattstunden, der Nettoimport lag bei 904,5 Terrawattstunden. Rund die Hälfte davon kam 2021 aus Russland. Im Mai 2022 lag der Anteil russischen Gases noch bei rund 37 Prozent.

Was würde passieren, wenn die Gaslieferungen aus Russland vollständig eingestellt würden?

Falls es zu einem Gaslieferstopp aus Russland kommt, wissen wir nicht, wie lange dieser anhalten wird. In einer solchen Situation wäre es für Europa schwierig, die Gasspeicher vor dem kommenden Winter auf das erforderliche Niveau aufzufüllen.

Was tut Vattenfall, um die Energieversorgung sicherzustellen?

Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist aktuell gewährleistet. Natürlich beobachten wir auch hier die Lage sehr genau und bereiten uns auf eventuelle Engpässe in der Gasversorgung vor.

Was heißt das genau?

Bereits seit Kriegsbeginn am 25. Februar 2022 haben wir begonnen, Szenarien einer reduzierten Gasbereitstellung im Sinne der Notfallversorgungsszenarien des Bundeswirtschaftsministeriums für uns durchzuspielen. Unser Ziel ist die Sicherstellung der Versorgung unserer Kund:innen. Hierzu haben wir beispielsweise unsere Lagerbestände, vor allem an Kohle und Heizöl, aufgestockt. Soweit technisch und wirtschaftlich vertretbar, nutzen wir Flexibilitäten bei der Erzeugung, zum Beispiel durch den Einsatz von Biomasse, Müllverbrennung und Power-to-Heat.

Wichtig ist, dass sich Energieversorger, Gasnetzbetreiber, Wärmeversorger und Behörden in der aktuellen Situation eng abstimmen und erforderliche Abläufe für einen Krisenfall vorbereiten. Entscheidungen über eine mögliche Kontingentierung von Erdgas sind am Ende aber  – im Falle der Ausrufung der Notfallstufe  – eine Aufgabe der Bundesnetzagentur in ihrer Rolle als sogenannter “Bundeslastverteiler”, bzw. der jeweiligen Gasnetzbetreiber im Rahmen ihrer Verantwortung für die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Gasversorgung im jeweiligen Gasnetz.

Welche Auswirkungen hat die Ausrufung der Alarmstufe auf die Preise?

Seit der Drosselung der Gasflüsse durch Nord Stream 1 sind die Gaspreise von 80 Euro pro Megawattstunde auf etwa 130 Euro pro Megawattstunde gestiegen. Es ist davon auszugehen, dass bei einer weiterhin unsicheren Lage die Preise an den Gas-Handelsplätzen weiter auf hohem Niveau bleiben.

Wird Vattenfall die Preise erhöhen?

Vattenfall kann sich nicht vom Marktgeschehen abkoppeln. Bei der Stadtwärme beobachten wir bereits Preissteigerungen von circa 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Eine wachsende Anzahl von Kund:innen nimmt deshalb aktuell die Möglichkeit wahr, eine Abschlagserhöhung mit uns zu vereinbaren, um hohe Nachzahlungen in der Zukunft zu vermeiden. Dies ist auch bei unseren Strom- und Gastarifen jederzeit möglich.

Könnte Vattenfall die höheren Einkaufspreise womöglich auch direkt weitergeben?

Bei der Stadtwärme folgen unsere Preise bislang den jeweils vertraglich vereinbarten Preisänderungsklauseln. In die Preisbildung fließen Indizes ein, die von offizieller Stelle (z.B. dem Statistischen Bundesamt) veröffentlicht werden. Bei unseren Strom- und Gastarifen sind Preisänderungen unabhängig von der Ausrufung der Alarmstufe nach den vertraglichen und gesetzlichen Vorgaben grundsätzlich möglich – zum Beispiel in der Grundversorgungsverordnung und unter den dort festgeschriebenen Bedingungen.

Für den Fall, dass zusätzlich zur vom Bundeswirtschaftsministerium bereits ausgerufenen Alarmstufe die Bundesnetzagentur auch noch eine Gasmangellage feststellt, enthält das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) nun in seinem § 24 ein außerordentliches gesetzliches Preisanpassungsrecht für Gas. Diese Feststellung der Gasmangellage durch die Bundesnetzagentur ist bislang jedoch nicht erfolgt, sodass diese Regelung bislang noch nicht „aktiviert“ wurde.

In § 26 EnSiG wurde darüber hinaus eine  Verordnungsermächtigung, zum Zwecke der Einführung eines finanziellen Ausgleichs („saldierte“ Preisanpassung oder Umlage) eingeführt. Auch von dieser Verordnungsermächtigung hat der Gesetzgeber bislang noch keinen Gebrauch gemacht.

Welche Probleme drohen bei einer möglichen Gaskrise?

In dem Maße, wie Russland die zugesicherten Gesamtimportmengen nach Deutschland reduziert, kann dies dazu führen, dass Gasversorger die langfristig gekauften Gasmengen nicht mehr erhalten – und stattdessen zu sehr hohen Großhandelspreisen Ersatz beschaffen müssen. Eine kurzfristige Preisanpassung kann diesen Risiken entgegenwirken. Vattenfall hat keine langfristigen Gaslieferverträge mit russischen Vertragspartnern.

Welche Alternativen zu russischem Gas gibt es?

Aktuell kommt verstärkt Flüssigerdgas (sog. LNG) über Großtanker aus den USA nach Europa – die Importe wurden in diesem Jahr bereits erheblich gesteigert. Die USA haben zudem eine Erhöhung der langfristigen Lieferungen zugesagt, um auf eine erhöhte Nachfrage zu reagieren. Auch Katar und Australien liefern Flüssigerdgas. Deutschland hat derzeit noch keinen direkten Zugang zu LNG, kann allerdings indirekt zum Beispiel über Rotterdam beliefert werden.

Was bedeutet der Ukraine-Krieg für die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland?

Der Krieg in der Ukraine führt uns vor Augen: Wir müssen unsere Energieversorgung nicht nur klimafreundlicher, sondern auch unabhängiger und sicherer machen. Dieses Ziel erreichen wir mit unserem Weg, möglichst schnell und jeden Tag unabhängiger von fossilen Energieträgern zu werden. Wichtiger denn je ist daher der schnelle und massive Ausbau an erneuerbaren Energien, der dazugehörigen Infrastruktur, Elektromobilität, Energiesparmaßnahmen sowie die Nutzung von mehr lokalen Abwärmequellen.

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