Fit für ein fossilfreies Zeitalter: Vattenfall präsentiert Vorschläge zur EU-Strommarktreform
Mit konkreten Vorschlägen will Vattenfall das EU-Strommarktdesign auf ein fossilfreies Zeitalter ausrichten. Das geht aus einem aktuellen Impulspapier des Unternehmens hervor.
„Die Energiekrise werden wir langfristig nur mit Investitionen überwinden“, fasst der Leiter der Vattenfall Handelssparte Frank van Doorn die Kernaussage des Papiers zusammen. „Unsere Ideen zielen deshalb darauf ab, den EU-Strommarkt investitionsfreundlich weiterzuentwickeln. So sichern wir Klimaschutz und Versorgungssicherheit zu wettbewerbsfähigen Strompreisen.“ Die EU-Kommission hat einen Gesetzentwurf zur EU-Strommarktreform angekündigt.
Im Einzelnen schlägt Vattenfall vor, die fossilfreie Energieerzeugung sowie Stromnetze umfassend auszubauen. „Je fossilfreier unser Stromsystem ist, desto weniger preisbestimmend werden Gas und andere fossile Brennstoffe – und desto unabhängiger werden wir von Gasversorgungsschocks“, erklärt van Doorn.
Statt auf Preise sollten sich die EU-Reformvorschläge deshalb stärker auf Investitionen konzentrieren. „Staatliche Obergrenzen bei Energiepreisen oder Erlösen von Stromerzeugern beeinträchtigen dagegen die freie Preisbildung und sorgen für Unsicherheit“, so van Doorn. „Das ist Gift für Investitionen in fossilfreie Technologien“.
Transparente Preissignale seien wichtig, um Verbraucher zu schützen und letztlich Energiearmut zu verhindern. Der EU-Strommarkt sollte krisenfester gemacht werden, indem Maßnahmen zur Nachfragereduzierung gemäß vordefinierter Versorgungsengpässe aktiviert werden.
Vattenfall zufolge ist nachfrageseitige Flexibilität ein wichtiger Hebel, um den Strommarkt auf eine zunehmend fossilfreie Zukunft vorzubereiten. Eine flexiblere Nachfrage sollte deshalb nicht nur bei Angebotsschocks eine größere Rolle spielen, sondern im künftigen Strommarktdesign eines fossilfreien Zeitalters systematisch verankert werden. „Denn je größer der Anteil fossilfreien Stroms im Netz, desto dringlicher wird es, auch die Abnahme dieses Stroms auf Seiten der Unternehmen und Konsumenten flexibler auf das jeweils vorhandene Stromangebot abzustimmen“, erklärt van Doorn. „Es ist daher von zentraler Bedeutung, dass der Ausbau von Erneuerbaren Energien Hand in Hand geht mit dem zeitgleichen Ausbau von Flexibilitäten.“
Praktisch kann dies darauf hinauslaufen, dass Industriebetriebe ihre Produktionsprozesse stärker auf das jeweils vorhandene Stromangebot abstimmen oder Verbraucher Elektroautos dann laden, wenn die allgemeine Stromnachfrage gering und die erneuerbare Erzeugung hoch ist.
Doch auch auf Seiten der Energieerzeuger sollte die Herausforderung eines immer volatiler werdenden Stromangebots adressiert und abgefedert werden – etwa durch die Bereitstellung von Speicherlösungen wie Pumpspeicherkraftwerke. „Diese finanzieren sich erst über die kurzfristigen Preisschwankungen am Strommarkt“, erklärt van Doorn. „Deshalb ist es auch in dieser Hinsicht so wichtig, dass Preisspitzen im Strommarkt zugelassen und nicht künstlich gedrückt werden.“
Für die Integration fossilfreien Stroms in das künftige Strommarktdesign sei es grundsätzlich am effizientesten, wenn Stromerzeuger frei auswählen können, ob sie ihren Strom zu Marktpreisen an den Strombörsen verkaufen, Lieferungen mit Preisvereinbarungen über börsengehandelte Termingeschäfte oder Langfristverträge (PPAs) mit industriellen Abnehmern abschließen, oder aber an staatlichen Ausschreibungen – sogenannten Differenzverträgen oder Contracts for Difference (CfDs) – teilnehmen.
Vattenfall Trading-Chef Frank van Doorn erklärt das so: „Jedes der Stromvermarktungsinstrumente hat für Energieerzeuger unterschiedliche Vor- und Nachteile – in Summe jedoch die Eigenschaft, Kreditrisiken, Liquiditätsrisiken und Marktrisiken optimal auszubalancieren. Davon profitieren am Ende auch Kunden in Form wettbewerbsfähiger Preise.“ Richtig konzipiert, könnten etwa staatliche Differenzverträge für kalkulierbare Einnahmen sorgen, andererseits jedoch Innnovationen hemmen. Langfristverträge hingegen sind oft mit erheblichen Kreditausfallrisiken verbunden. „In diesem Fall könnte der Staat mit Kreditbürgschaften dafür sorgen, dass Verträge über direkte Energielieferungen attraktiver werden“, so van Doorn.