"Uns geht es mehr um die Nachhaltigkeit der Geschäftsbeziehung. "

Die Energiekrise und ambitionierte Dekarbonisierungsziele der Unternehmen sorgen derzeit für einen „Run“ auf grüne Energielieferverträge. Christine zu Putlitz leitet bei Vattenfall die Vermarktung erneuerbarer Energien und spricht im Interview mit der Zeitung für kommunale Wirtschaft (ZfK) über die Ausgestaltung von Strompartnerschaften und aktuelle Trends im PPA-Markt.

Christine zu Putlitz, leitet die Vermarktung erneuerbare Energien, Vattenfall

Frau zu Putlitz, die großen PPA-Verträge werden derzeit vor allem mit der Großindustrie geschlossen. Bemerken Sie auch bei Energieversorgern und Stadtwerken eine zunehmende Nachfrage?

Christine zu Putlitz: Ja, natürlich. Wir haben als Vattenfall teilweise keinen Zugang zu kleinen Gewerbekunden oder städtischen Abnehmern. Deswegen sind kommunale Energieversorger ein wichtiger Multiplikator, um die Dekarbonisierung der Wirtschaft voranzutreiben. Wir haben hier eine tranchierte Betrachtung und sehen zu, dass wir den Grünstrom verteilt verkaufen. Natürlich tritt die Großindustrie sehr aktiv auf uns zu. Aber wir suchen auch nach Partnerschaften mit Stadtwerken, die den Strom dann an ihre Unternehmenskunden weitergeben. Dort suchen wir nach Modellen, wie die Regionen langfristig „vergrünt“ werden können.

Welche Hürden sehen Sie aktuell bei PPAs mit kleineren Abnehmern?

Gerade für kleinere Gewerbekunden ist es noch schwierig, an große Grünstrommengen verbunden, weil PPAs oft mit hohen Kreditanforderungen verbunden sind. Viele klassische Vertragspunkte in PPA-Verträgen zielen eher auf größere Kunden ab. Hier haben Branchenverbände ja schon den Vorschlag gemacht, diese Bedarfe zu poolen. Ohne den Mittelstand können wir nicht dekarbonisieren. Wir haben nun auch erste Verträge abgeschlossen, bei denen wir Lösungen für den Mittelstand gefunden haben. Künftig könnten auch staatliche Garantien eine Rolle spielen.

Hat die Dynamik auf dem PPA-Markt im vergangenen Jahr nochmal zugenommen?

Ja, auf jeden Fall. Lange Zeit waren wir als Anbieter der aktivere Part. Mittlerweile überlegen wir uns Prozesse, wie wir die Nachfrage überhaupt bedienen können. So einen wahnsinnigen „Run“ auf den Markt habe ich noch nie erlebt. Deswegen müssen wir inzwischen viel selektiver vorgehen. Haupttreiber der Entwicklung sind vor allem die Energiekrise und die ambitionierten Dekarbonisierungsziele der Unternehmen. Dadurch gibt es bereits jetzt einen großen Druck, sich langfristig zumindest mit einem gewissen Grundbedarf an Grünstrom einzudecken.

Wenn Sie sagen, Sie müssen selektiver bei der Auswahl von PPA-Geschäftspartnern vorgehen: Welche Kriterien spielen dabei eine Rolle? Gibt der Preis den einzigen Ausschlag?

Uns geht es mehr um die Nachhaltigkeit der Geschäftsbeziehung. PPA-Verträge sind ja langfristige Verträge. Da spreche ich bewusst nicht nur über den Preis. Es gibt viele Kriterien, die dafür sorgen, dass beide Seiten auch dauerhaft Freude an der Geschäftsbeziehung haben. Ehrlicherweise geht es auch um die Größe der Verträge. Je mehr Abnehmer ich für einen Windpark habe, desto höher wird natürlich der Aufwand.

Sprechen wir über die Lehren aus der Energiekrise: Wie hat sich Erfahrung mit der hohen Preisvolatilität auf die Vertragsgestaltung bei Ihnen ausgewirkt?

Geschäftspartner haben heute mehr Verständnis dafür, dass wir uns gewisse Risiken stärker teilen möchten – etwa das Risiko von Ausgleichsenergiekosten bei abweichender Energieerzeugung. Diese können wir nicht mehr uneingeschränkt übernehmen. Nichtsdestotrotz hat sich der Markt wieder etwas beruhigt. Grundsätzlich würde ich sagen, dass man sich inzwischen mehr Risiken teilt in den Verträgen. Eine generelle Übernahme der Risiken durch den Vermarkter gibt es in der Branche nicht mehr.

Wie ist der Trend bei den Laufzeiten von PPAs?

Bei klassischen Corporate PPAs (CPPAs) sehen wir typischerweise Laufzeiten von fünf bis fünfzehn Jahren. Bei den sogenannten Post-EEG-Anlagen sind auch kürzere Laufzeiten zu beobachten, um sich das derzeit immer noch hohe Preisniveau zu sichern. Wenn wir aber über wirklich neue Anlagen sprechen, die direkt neue, zusätzliche Kapazitäten für erneuerbare Energien ins Netz einspeisen – wir sprechen hier von auch Additionality) –  dann sind längere Laufzeiten normal.

Das Interview führte Julian Korb, Redakteur der ZfK - Zeitung für kommunale Wirtschaft. Der Artikel erschien am 8. April 2024 in der Printausgabe der ZfK.

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