Männer in der Minderheit an der Spitze von Vattenfall
Fast zwei Drittel des Executive Group Management von Vattenfall sind Frauen. Welchen Unterschied macht es für eines der wichtigsten Energieunternehmen in Europa? Wir haben mit den männlichen Kollegen gesprochen.
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Die Energiebranche wird von Männern dominiert. In der Belegschaft von Vattenfall beträgt der Frauenanteil nur ein Viertel. In der Leitung der Unternehmensgruppe sieht es jetzt schon anders aus. Als Anna Borg im Herbst 2020 die Nachfolge von Magnus Hall antrat, bekam das Unternehmen den ersten weiblichen CEO in seiner über 100-jährigen Geschichte. Darüber hinaus wurden im vergangenen Jahr bis auf eine Ausnahme alle anderen vakanten Positionen im Unternehmensvorstand mit Frauen besetzt. Der einzige neue Mann im Group Management ist der Head of Human Resources (HR), Christian Barthélémy.
Frauen an der Spitze, was macht das aus?
Seit 2021 bekleiden überwiegend Frauen Führungspositionen bei Vattenfall. Macht das einen Unterschied? Wir haben die vier Männer im Executive Group Management (EGM) von Vattenfall befragt.
Torbjörn Wahlborg leitet die BA Generation - die größte Business Area von Vattenfall. Er ist seit 1990 im Unternehmen:
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„Als ich 2009 Mitglied des Group Management wurde, war nur die Kommunikationsdirektorin eine Frau. Also haben wir uns sicherlich verbessert. Tatsächlich ist es das erste Mal in meinem Leben, dass ich eine weibliche Führungskraft habe, und zwar eine, deren Vorgesetzter ich vor ein paar Jahren in einer anderen Funktion war. Ich sehe allerdings keinen großen Unterschied in der Arbeitsweise des EGM-Teams oder wie wir Dinge besprechen und Entscheidungen treffen. Vielleicht spielt das Prestige eine etwas geringe Rolle als zuvor, aber das könnte auch auf die Persönlichkeiten zurückzuführen sein. Generell ist es wichtig, dass Führungspositionen mit den richtigen Personen mit den richtigen Fähigkeiten besetzt werden. Angesichts der Chancengleichheit wäre es nur natürlich, wenn letztendlich eine Geschlechterverteilung von 50/50 bestünde. Ich bin ein Befürworter von Diversität. Hinsichtlich anderer Aspekte der Diversität sind wir vielleicht noch nicht ganz so weit, aber die Geschlechtergleichheit ist der erste wichtige Schritt bei diesen Bemühungen.“
Andreas Regnell, Head of Strategy bei Vattenfall, ist seit mehr als einem Jahrzehnt Mitglied des EGM:
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„Einerseits hatte ich schon lange weibliche Führungskräfte, und persönlich finde ich, dass das Geschlecht eher uninteressant ist. Andererseits bin ich stolz darauf, für ein Unternehmen zu arbeiten, das eine solche Konstellation von Top-Führungskräften hat. Ein Unternehmen, dessen CEO, CFO und die meisten Heads der Business Areas weiblich sind und das auch einen Rekordgewinn erzielt, ist der Inbegriff der Progressivität. Wir sind Vordenker in unserer Branche, wir treiben den Klimawandel und die Entwicklung in der Branche voran und wir sind fortschrittlich, wenn es um die Chancen von Frauen geht, an die Spitze zu gelangen. Es gibt nicht viele andere Unternehmen, die das erreicht haben. Wir werden als cooles Unternehmen wahrgenommen, und das ist gut für uns und unser Geschäft.“
Christian Barthélémy, Head of HR ist neu im Managementteam:
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„Ich bin seit mehr als zehn Jahren bei Vattenfall und habe eng mit weiblichen Führungskräften, Kolleginnen und Mitarbeitenden zusammengearbeitet, das ist also für mich nichts Besonderes. Vor einigen Jahren wurde ich von einem Unternehmen hier in Deutschland darauf angesprochen, ob ich dort an einer Mitarbeit interessiert wäre. Das Gesamtangebot war interessant, aber dann erkannte ich, dass im Vorstand nur Männer saßen. Daher entschied ich mich, die Stelle abzulehnen. Ich glaube, dass ein ausgewogenes Team offener und transparenter ist und am Ende bessere Entscheidungen trifft als eine männlich dominierte und testosteronlastige Gruppe von Menschen. Und wenn auch die anderen Dimensionen der Diversität wie Alter, ethnische Zugehörigkeit usw. ausgewogen sind, wissen wir, dass die Voraussetzungen für gute Ergebnisse noch besser sind. Darüber hinaus sind wir in der Versorgungsbranche einzigartig und verfügen über ein vielfältiges EGM, eine starke Frau als CEO, die in wichtigen öffentlichen Kontexten sichtbar ist, in Kombination mit einem starken Ziel und einer führenden Rolle bei der Energiewende. Das macht uns zu einem attraktiven Arbeitgeber, bei dem man gerne arbeiten möchte.“
Martijn Hagens, Head of BA Customers & Solutions, wurde 2015 Mitglied der Leitung der Unternehmensgruppe:
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„Ich finde diese Frage etwas ungewöhnlich, denn als die meisten Führungskräfte Männer waren, hat niemand je gefragt, wie sich das Geschlecht auf das Team auswirkt. Für mich gibt es keinen wirklichen Unterschied zwischen heute und früher. Ein viel größerer Unterschied besteht darin, dass wir uns in den letzten zwei Jahren auf Teams treffen mussten, statt persönlich zusammenzukommen. Grundsätzlich kommt es nur darauf an, dass eine Position mit einer guten Person besetzt ist. Und ehrlich gesagt gibt es noch weitere Dimensionen der Diversität, bei denen wir noch viel zu tun haben. Was das Alter betrifft, ist die Diversität noch nicht ausreichend. In diesem speziellen Fall versuchen wir in der Tat, einige der Mängel durch umgekehrtes Mentoring abzufangen, bei dem wir im Führungsteam von jüngeren Kolleginnen und Kollegen lernen. Außerdem sind wir ein komplett hellhäutiges Team. Davon abgesehen bin ich wirklich froh, dass wir so weit gekommen sind, was Frauen in Führungspositionen anbelangt. Hier in den Niederlanden sind weibliche Führungskräfte und Vorstandsmitglieder weniger verbreitet als in Schweden. Manchmal besuche ich Kundenunternehmen, in denen nur Männer an der Spitze stehen, und ich spüre eine andere Atmosphäre. Da arbeite ich lieber in unserem Unternehmen.“
Sieben Frauen und vier Männer im Executive Group Management von Vattenfall:Anna Borg |
Diversität und Inklusion sind integraler Bestandteil des EGM
Seit 2015 wird einem Mitglied des Executive Group Management von Vattenfall die Verantwortung für den Bereich Diversity & Inclusion übertragen. Die Aufgabe ist auf zwei Jahre angelegt und rotiert innerhalb des Teams.