Artenvielfalt beim Fischaufstieg
Fast alle Fischarten müssen in ihrem Leben mehr oder weniger ausgedehnte Wanderungen unternehmen, um ihre unterschiedlichen Lebensräume, wie Fortpflanzungs- und Kinderstuben, Nahrungsgründe und Winterlager zu erreichen. Manche Arten wandern sogar zwischen Süßwasser und dem Meer. Die Lebensbedingungen für Fische unter Wasser sind auch Lebensgrundlage von Millionen von Menschen weltweit.
Sieben Jahre können Fische mittlerweile den größten und modernsten Fischaufstieg Europas bei Geesthacht an der Elbe nutzen. Erfolgsbilanz: 2,1 Millionen Aufsteiger bisher. Zwar scheint hier eine gute technische Aufstiegshilfe gefunden, die die Fische gern annehmen. Weltweit ist die ungehinderte Fischwanderung jedoch bedroht, Fische führen daher seit Jahren die Liste der bedrohten Tierarten an.
49 Becken der Fischaufstiegstreppe in Geesthacht
Weltweit wird die Durchgängigkeit von der Quelle bis zur Mündung in etwa zwei Dritteln aller Flüsse durch etwa 40.000 Dämme mit Höhen über 15 Metern unterbrochen. Allein in deutschen Bundeswasserstraßen folgt im Schnitt alle zehn Flusskilometer ein Wehr auf das Nächste. In der Folge der zahlreichen unpassierbaren Wanderhindernisse führen vor allem Neunaugen und viele Fischarten die Roten Listen der gefährdeten Arten an.
Erfolgsbilanz des Fischaufstiegs an der Elbe
Die mit 550 Metern Länge größte Fischtreppe Europas hat ihre Funktionstüchtigkeit längst bewiesen. 2,1 Millionen Fische kamen seit der ersten Flutung der Anlage im August 2010. Mittlerweile wurden 50 Arten registriert. Allen voran das Flussneunauge, dicht gefolgt von der Güster und dem Dreistacheligen Stichling. Aber die Fischtreppe bietet jedem etwas: der etwas konditionsschwachen Ukelei, dem sportlichen Lachs, der aber auch gern das südliche Umgehungsgerinne mit der starken Strömung wählt sowie der heimische Stint und Zander.
Weites Feld für Forschung
Bei dem umfangreichen Monitoring wird aber nicht nur gezählt. Es werden auch die Wanderbewegungen der Fische erforscht. Mithilfe modernster Transpondertechnik und mehrerer Spezialantennen in der Fischpassage, wird das Verhalten der aufwärts wandernden Flussbewohner rund um die Uhr positionsgenau erfasst.
Interessant für die Forscher ist nicht nur, dass die Fische den Einstieg in den Fischaufstieg finden, sondern auch, für welchen sie sich entscheiden. Denn auch am Südufer gibt es seit den 90er Jahren eine Aufstiegshilfe. Das naturnahe Umgehungsgerinne ist allerdings nicht von jedem zu bewältigen. Auch die Schwimmgeschwindigkeit ist unterschiedlich. Manche benötigen für die 550 Meter lange Strecke und die 49 Becken nur 20 Minuten, die meisten schaffen es immerhin in gut einer Stunde.
Einwanderer aus der ganzen Welt
Die biologische Detektivarbeit spürte auch Flussbewohner auf, die hier gar nicht zuhause sind. Einwanderer aus Osteuropa wie die Kessler-Grundel zum Beispiel durchwandern seit einigen Jahren deutsche Flüsse und verdrängen vielerorts die heimischen Arten. Für die Wollhandkrabbe, die im Fahrwasser von Schiffen aus Ost-Asien kam, wurde in Geesthacht sogar eigens eine Umleitung gebaut.
Trotz Forschung und kontinuierlichem Monitoring: Das Aufstiegsverhalten der Fische und ihre Wanderbewegungen sind bisher kaum verstanden. Eindeutige Trends, wie sich der Fischbestand weiterentwickelt, gibt es daher – bislang – noch nicht.
Es bleibt zu hoffen, dass sich weltweit sowohl das Bewusstsein für die Lebensgrundlagen von Fischen nicht nur weiter wächst, sondern auch die Bemühungen verstärkt werden, bestehende Hindernisse wie Wehre, Staudämme, Wasserkraftanlagen passierbar zu machen und diese Erfordernisse beim Bau neuer Anlagen zu berücksichtigen.