Skyline von Berlin

Vattenfall will 2040 klimaneutral sein

Wir setzen uns neue und besonders strenge Klimaschutz-Ziele. Schon bis zum Jahr 2040, also fünf Jahre vor Deutschland insgesamt, will Vattenfall vollständig klimaneutral arbeiten und damit alle Voraussetzungen erfüllen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das hat deutliche Auswirkungen auf die Ziele in Berlin. 

In einem Interview mit Jakob Schlandt, Leiter Tagesspiegel Background Energie & Klima, spricht unsere Berliner Wärmechefin Tanja Wielgoß über das ambitionierte Ziel und den Weg der Berliner Stadtwärme bis zur vollständigen Klimaneutralität 2040. Dieser Artikel erschien zuerst im Tagesspiegel vom 20.09.2021.

Auch die Berliner Stadtwärme soll vollständig umgestellt werden

Im August hatte das Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen, dass bis zum Jahr 2030 mindestens 40 Prozent der Energie im Stadtwärmenetz aus erneuerbaren Quellen oder aus Abwärme stammen sollen. Der Blick von Vattenfall in Berlin richtet sich aber auch auf das Jahr 2040, wie Tanja Wielgoß, Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Wärme Berlin AG, im Gespräch betonte.

„Fünf Jahre früher als von der Politik gefordert vollständig klimaneutral zu sein, ist eine immense Herausforderung - aber wir haben uns fest vorgenommen und uns im Rahmen der Science Based Target initiative (SBTi) verpflichtet, das zu schaffen. Damit gehören wir unter den europäischen Energieunternehmen zu den sehr wenigen Vorreitern“, betont die Managerin. Mit der Zielsetzung Klimaneutralität 2040 gehe man nun umso beherzter den Weg zum Zwischenschritt 2030.

Gefordert, sagte Wielgoß weiter, sei der Umbau des „gesamten Erzeugungsportfolios - und wir haben damit schon angefangen“. Der Kohleausstieg sei längst beschlossen und werde umgesetzt. Mehr Abwärme komme von der Stadtreinigung BSR und von den Wasserbetrieben. Das Kraftwerk in Moabit werde auf Biomasse umgestellt.

Der Blick habe sich nun neu auch verstärkt in den Osten der Stadt gerichtet, wo am Standort Klingenberg ebenfalls Biomasse eingesetzt werden soll. Und: Power-to-Heat, also der direkte Einsatz von Strom zur Wärmeerzeugung werde dezentral ausgebaut, ebenso wie Großwärmepumpen, kündigte Wielgoß an. Mit Wärmepumpen wird Umgebungsenergie genutzt, um aus wenig Strom viel Wärme zu erzeugen.

Wichtig seien dabei die Akzeptanz des Landes Berlin und der Zivilgesellschaft. Wielgoß' „großer Wunsch“ an die Berliner Politik: Strom, Wärme und Gasnetze sollten vom Ziel Klimaneutralität aus zusammengedacht und dann nach hinten geplant werden.

Neuer Ausgangspunkt aller Überlegungen müsse also schon heute sein, wie sich die Entscheidungen in die völlige Vermeidung von Netto-Treibhausgasemissionen in etwa zwei Jahrzehnten einfügten. Und - dafür ist aber auch die Bundespolitik zuständig - brauche es vergleichbare Wettbewerbsbedingungen, zum Beispiel beim CO2-Preis. Der liegt für Fernwärmeerzeugung derzeit höher.

Weitere Ziele des gesamten Vattenfall Konzerns im Rahmen der Selbstverpflichtung sind: Dem Stromnetz solle das Vierfache an Wind- und Solarenergie im Vergleich zur jetzigen Kapazität von Vattenfall zur Verfügung gestellt werden, außerdem soll die Industrie in Berlin unterstützt werden bei der Elektrifizierung. 25 Mal so viele Ladestationen für Elektrofahrzeuge sollen bis 2030 in Betrieb sein verglichen mit der Zahl des vergangenes Jahres.

Für das Ziel Klimaneutralität 2040 sei ab sofort noch mehr Einsatz auch von Vattenfall gefordert. Neue Technologien müssten erforscht werden und reifen. „Großwärmepumpen gibt es noch nicht in günstiger Serienproduktion“, sagt Wielgoß. Auch die Abwärme von Rechenzentren und Geothermie seien Themen, mit denen sich Vattenfall noch intensiver beschäftigen werde. Dazu kämen aber auch noch einige Unbekannte, die heute noch nicht beantwortet werden könnten. Zum Beispiel: „Wie viel grüner Wasserstoff steht zur Wärmeerzeugung zur Verfügung? Oder setzt Deutschland eher auf Elektrifizierung? Und wie wird die Abscheidung und Speicherung unter der Erde von Kohlendioxid in Deutschland dann gehandhabt?“

Gerade Skandinavien, wo der Mutterkonzern Vattenfall in Stockholm seinen Sitz hat, könne aber ein Vorbild sein - denn in den nordischen Ländern sei die Wärmeversorgung bereits heute schon quasi vollständig emissionsfrei, weil die Wärmewende schon in den 70er Jahren eingeleitet worden sei. „Dort hat man nur noch Stadtwärme und Wärmepumpen im System.“

Das würde auf Berlin umgelegt bedeuten: Vattenfalls Marktanteil von aktuell 30 Prozent im Berliner Wärmemarkt - als einziger großer Anbieter von Fernwärme - würde steigen, das Geschäft würde wachsen. Wielgoß sagt dazu: „Es ist nun einmal eine Tatsache, dass mit eher zentralen Strukturen deutlich effizienter Energie - auch und gerade klimaneutrale Wärme - erzeugt werden kann.“

Hintergrund der Selbstverpflichtung zur Klimaneutralität 2040 ist, dass Vattenfall sein Ziel im Rahmen der „Science Based Targets initiative“ auf 1,5 Grad Erwärmung von zuvor zwei Grad verschärft hat. Die international anerkannte Organisation unterstützt Unternehmen dabei, sich selbst derartige Ziele zu setzen.

Zahlreiche deutsche Konzerne sind ihr beigetreten - aber nur wenige haben sich ein so hartes Ziel gesetzt. Die politischen Ziele sind weniger ehrgeizig: Deutschland strebt an, bis 2045 klimaneutral zu wirtschaften, die Europäische Union hat sich dafür 2050 als Ziel gesetzt.

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