Kohlendioxid – zu wertvoll, um es zu verschwenden!
Anstatt Kohlendioxid als Bedrohung zu betrachten, sollten wir uns bewusst machen, dass es ein wesentlicher Bestandteil fast aller von der Menschheit verwendeten Produkte ist. Um die notwendigen Klimaziele erreichen zu können, muss Kohlendioxid abgeschieden, genutzt und wiederverwendet werden.
Moleküle auf Kohlenstoffbasis finden sich in fast allen Materialien, die wir im täglichen Leben verwenden. Kraftstoffe, Kunststoffe, Verpackungen, Möbel, Kleidung und sogar Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel basieren auf Kohlenstoff als Ausgangsstoff. Heute stammt fast der gesamte für diese Produkte benötigte Kohlenstoff aus fossilem Öl und Gas, und der größte Teil davon wird irgendwann in Form von CO2, Kohlendioxid, in die Atmosphäre freigesetzt, mit den bekannten Folgen für das Klima und die Lebensbedingungen auf der Erde.
Aber die Freisetzung von Kohlendioxid in die Luft ist nicht nur schlecht fürs Klima, sondern auch eine große Verschwendung. Denn der Kohlenstoff könnte aus der Luft abgeschieden und zur Herstellung neuer Produkte wiederverwendet werden. Und das Beste daran: Das geschieht bereits!
Norwegen ist ein führendes Land auf dem Gebiet der CCS (Carbon Capture and Storage), also der Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid tief im Untergrund. Norwegen ist auch der Sitz des Nordic Consortium for CO2 Conversion (NordCO2). Dieses Konsortium von Universitäten in Norwegen, Dänemark, Schweden, Finnland und Island konzentriert sich auf CCU (Carbon Capture and Usage), das heißt die Abscheidung von Kohlenstoff und seine anschließende Nutzung zur Herstellung neuer Stoffe und Materialien.
Ainara Nova, Forschungsprofessorin am Zentrum für Materialwissenschaft und Nanotechnologie sowie leitende Wissenschaftlerin am Hylleraas-Zentrum der Universität Oslo in Norwegen, leitet NordCO2:
„Das Kohlendioxid abzuscheiden und unterirdisch zu speichern, ist notwendig und wichtig, bis wir sauberere Energiequellen finden. Aber es ist auch kostspielig und niemand bekommt etwas zurück. Es ist also besser, den Kohlenstoff zu nutzen und in Kraft- beziehungsweise Brennstoffe und Chemikalien umzuwandeln, um so den Kreislauf zu schließen. Und da wir aufhören müssen, fossilen Kohlenstoff zu verwenden, ist dies eine Möglichkeit, eine alternative Kohlenstoffquelle für die von uns benötigten Produkte zu erschließen“, sagt Nova.
Eine Verbindung, die sich relativ leicht aus Kohlendioxid herstellen lässt, ist Methanol. Dazu muss lediglich Kohlendioxid (CO2) mit Wasserstoff (H2) verbunden werden, wobei der Wasserstoff mithilfe von erneuerbarem Strom aus Wasser hergestellt wird. Methanol ist auch deshalb so gut, weil es ein Zwischenprodukt ist, das weiter in andere Chemikalien oder Kraftstoffe umgewandelt werden kann.
„Derzeit wird intensiv daran geforscht, wie aus Methanol komplexere Moleküle möglichst energieeffizient hergestellt werden können, um daraus grünen Diesel oder andere Kraftstoffe, auch E-Kraftstoffe genannt, herzustellen. Dann können wir auch die Chemikalien herstellen, die wir brauchen, denn die Industrie weiß bereits, wie man von Kraftstoffen zu Chemikalien übergeht, und ist bereits darauf vorbereitet. Dies ist also eine vielversprechende Strategie“, sagt Nova.
Der Trick und die Herausforderung bestehen darin, diese Umwandlung auf eine Art und Weise zu bewerkstelligen, die nicht zu viel Energie verbraucht, und natürlich fossilfreie Energie zu nutzen. Aber schon heute gibt es entsprechende kommerzielle Projekte.
Ein Beispiel ist Vattenfall, das in Schweden an mehreren Partnerschaftsprojekten arbeitet, um CO2 abzuscheiden und mit Wasserstoff zu verbinden, um Elektrokraftstoffe für Flugzeuge herzustellen. Auch an anderen Orten auf der ganzen Welt sind ähnliche Entwicklungen im Gange.
„In Island scheidet die Industrie bereits in großen Mengen CO2 ab und stellt daraus Methanol her. Die Technologie wird auch in andere Länder exportiert. In Europa und China gibt es verschiedene Pläne und Projekte zur Einführung entsprechender Technologien. Es wird auch zu Feststoffen geforscht. Zum Beispiel für die Herstellung von Kohlefasern und auch von Beton für Bauprojekte.“
Doch die Kohlenstoffabscheidung allein wird das Klimaproblem nicht lösen. Wir müssen auf fossile Kraft- und Brennstoffe verzichten.
„Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird die Abscheidung von Kohlendioxid niemals in der Lage sein, die CO2-Emissionen auf das Niveau zu senken, das erforderlich ist, um den Klimawandel aufzuhalten. Langfristig müssen wir also auch die Nutzung fossiler Kraft- und Brennstoffe einstellen.“
Drei wesentliche positive Auswirkungen von CCU: (www.co2value.eu)
- Es trägt zur Erreichung der globalen Klimaziele bei.
- Es verbreitert die Basis der Kohlenstoff-Rohstoffe, die für wachsende Gesellschaften benötigt werden.
- Es ermöglicht die Entwicklung einer kreislauforientierten Kohlenstoffwirtschaft.
Fünf Dinge, die mit Kohlendioxid gemacht werden können
Methanol: Methanol ist eine vielseitige Chemikalie, die in verschiedenen Industriezweigen verwendet wird, unter anderem als Kraftstoffzusatz, Lösungsmittel und Ausgangsstoff für die Herstellung anderer Chemikalien.
Polymere und Kunststoffe: CO2 kann zu Kunststoffen und Polymeren polymerisiert werden und bietet damit eine nachhaltige Alternative zu herkömmlichen aus fossilen Brennstoffen gewonnenen Kunststoffen. Diese CO2-basierten Polymere können in Verpackungen, Baustoffen und anderen Anwendungen eingesetzt werden.
Synthetische Kraft- und Brennstoffe: CO2 kann in synthetische Kraft- bzw. Brennstoffe wie Methan, Diesel oder Düsentreibstoff umgewandelt und als erneuerbare Alternative zu fossilen Energieträgern im Verkehr und bei der Energieerzeugung eingesetzt werden.
Karbonatmineralien: CO2 kann mit Kalzium oder Magnesium mineralisiert werden, um stabile Karbonatmineralien zu bilden, die in Baustoffen wie Beton verwendet werden können und eine langfristige Speicherlösung darstellen.
Lebensmittel: Einige Mikroben können CO2 aus der Luft nutzen, um Eiweiß zu produzieren. Daraus können aus der Luft gewonnene organische Pflanzennährstoffe, Fischfutter oder sogar Fleisch hergestellt werden. Die Technologie wurde erstmals von der NASA entdeckt, die nach einer Möglichkeit suchte, Astronautennahrung an Bord von Raumschiffen herzustellen.