Offshore-Windparks – warum sie für die Lebewesen des Meeres attraktiv sind

Im Kampf gegen den Klimawandel kommt es entscheidend darauf an, die Stromproduktion ohne fossile Brennstoffe zügig auszubauen und dabei die Ökosysteme nicht zu schädigen. Ist es beim Einsatz von erneuerbaren Energien möglich, die Bedingungen für Wildtiere sogar zu verbessern? Im Fall der Offshore-Windkraft und des Lebensraums im Meer scheint das der Fall zu sein.

Meeresleben im Windpark Lillgrund. Fotos: SCSC - Schwedisches Küsten- und Meereszentrum

Schwedens größter Offshore-Windpark Lillgrund, der von Vattenfall betrieben wird, liegt in der Meerenge Öresund zwischen Südschweden und Dänemark, 10 Kilometer vor der schwedischen Küste.

Die 48 Turbinen sind von Kolkschutzwänden aus ausgehobenem Gestein mit einem Durchmesser von 50 bis 100 Zentimetern umgeben, die sich etwa 20 Meter von jedem Fundament aus erstrecken. Dieses angehäufte Gestein und die Fundamente wirken sich auf viele Meeresbewohner anziehend aus.

„Es ist eine ideale Umgebung“, sagt Kjell Andersson.

Leben zieht Leben an

Kjell Andersson ist Taucher, Meeresumweltinspektor und stellvertretender Vorsitzender des Swedish Coast and Sea Center (SCSC), einer unabhängigen gemeinnützigen Organisation, die sich in Fragen des Küsten- und Meeresschutzes engagiert und dafür aufklärt. Er ist schon mehrmals in Lillgrund getaucht.

„Beim Bau der Windkraftanlagen entstehen künstliche Riffe. Dort siedeln sich dann schnell Muscheln in großer Zahl an. Viele kleine Fische finden zwischen den Felsen Unterschlupf. Wenn es erst einmal so weit ist, zieht das eine Menge anderer Meeresbewohner an. Auch Braunalgen wie Laminaria gedeihen, das ist ebenfalls sehr gut“, versichert Andersson. „Ich sehe keine negativen Auswirkungen der Windkraftanlagen im Lillgrund, nur positive“, fährt er fort.

Dass in Offshore-Windparks keine Praktiken wie Schleppnetzfischerei stattfinden, ist der Meeresfauna an diesen Standorten ebenfalls zuträglich.

Am Windpark Lillgrund ist einzigartig, dass das Gebiet in Zusammenarbeit zwischen Vattenfall und der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften (Sveriges lantbruksuniversitet, SLU) bereits vor der Errichtung des Parks überwacht wurde. Jetzt wurde eine neue Studie auf den Weg gebracht. Sie wird 2027 abgeschlossen sein.

Eine frühere, 2013 veröffentlichte Studie über den Windpark zeigte, dass sich ein Riff bildete und dass die Turbinen auf einige Fischarten, wie Kabeljau und Aal, anziehend wirkten. Gemieden wurden sie von keiner Tierart. Diese Studie bot zwar keine Anhaltspunkte für eine Zu- oder Abnahme des Fischbestands insgesamt innerhalb des Windparks, aber sie deutete auf eine mögliche allgemeine Zunahme der Bestände über einen längeren Zeitraum hin.

Lena Bergström, Meeresökologin und Dozentin an der SLU, die an der Studie von 2013 beteiligt war und auch an dieser neuen Studie mitwirkt, hofft, dass Letztere Belege hierfür liefern wird. „Im Fall einer Riffbildung sammeln sich Arten um die Fundamente der Windkraftanlagen. Im Laufe der Zeit kann dies zu einer Zunahme von Primärproduzenten wie Algen und benthischen Organismen führen, die eine wichtige Nahrungsquelle für Fische sind. Das Gebiet wird dadurch produktiver. Theoretisch liegt nahe, dass dies letztlich die gesamte Fischpopulation stärken könnte“, sagt Bergström.

Für Meereslebewesen geeignete Wasserauffülllöcher

Nach Meinung von Tim Wilms, Biowissenschaftler und Meeresökologe bei Vattenfall, könnten einige moderne Windparks sogar noch attraktiver für Wildtiere sein. Im September letzten Jahres weihte das Unternehmen zusammen mit den Partnern BASF und Allianz den Windpark Hollandse Kust Zuid in der Nordsee, 18 bis 36 Kilometer vor der niederländischen Küste, ein. Die 139 Turbinen mit einer Gesamtkapazität von 1,5 GW sollen fossilfreien Strom in einer Menge erzeugen, die dem Verbrauch von 1,5 Millionen Haushalten entspricht.

Damit es nicht zur Korrosion durch stehendes Wasser in den Monopiles der Turbinen kommt, werden neben anderen Maßnahmen auch Wasserauffülllöcher genutzt.

„In Hollandse Kust Zuid haben wir die Löcher so optimiert, dass sie sich günstig für das Leben im Meer auswirken. Wir haben die Größe der Löcher angepasst, wie auch die Wassertiefe, in der sie angeordnet sind. So haben wir Unterschlupfmöglichkeiten für verschiedene Meerestiere geschaffen. Wir haben dafür gesorgt, dass die Wasserauffülllöcher ihren technischen Zweck erfüllen und gleichzeitig einen potenziellen Lebensraum für Meeresbewohner bieten“, sagt Wilms, der sowohl in das Forschungsprojekt in Lillgrund eingebunden ist, als auch am Windpark Hollandse Kust Zuid mitarbeitet.

Größere Felsen schützen Kabeljau und Hummer

Zwar können alle Felsen, die zum Kolkschutz am Standort verwendet werden, als künstliche Riffe dienen, doch wurden an den Rändern des konventionellen Schutzes um einige Turbinen besonders große Felsenbrocken platziert, damit Riff-Habitate entstehen, die auch größeren Arten wie Kabeljau und Hummer Unterschlupf bieten.

Dies wird in Zusammenarbeit mit der niederländischen Naturschutzorganisation The Rich North Sea, Wageningen Marine Research und der Beraterfirma für Naturfragen Waardenburg Ecology sorgfältig überwacht. Abgesehen davon, dass Vattenfall bis 2030 eine positive Nettoauswirkung auf die biologische Vielfalt anstrebt, gibt es laut Wilms auch finanzielle Gründe für diese Maßnahmen. „Der niederländische Staat bezieht seit Neuestem Ökologie- und Umweltkriterien in den Ausschreibungsprozess ein – ein wachsender und begrüßenswerter Trend bei der Entwicklung von Offshore-Windparks staatlicherseits“, sagt er.

„Da Ökologie und Umwelt bei heutigen Ausschreibungen immer mehr Gewicht haben, müssen wir daran arbeiten, unser Wissen über die Umsetzung und Prüfung dieser Maßnahmen auszubauen. Deshalb sind die Erkenntnisse aus den Forschungsprogrammen in Hollandse Kust Zuid, Lillgrund und anderer Offshore-Windparks wichtig, denn so sorgen wir dafür, dass wir auch bei künftigen Ausschreibungen starke und glaubwürdige Mitbewerber sein werden.“

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