Algenfarmen in Offshore-Windparks: Wie Vattenfall die Energiewende mit Meeresnutzung verbindet

Das Meer bietet viel Raum – und doch wird es zunehmend eng. Schifffahrt, Energieerzeugung, Nahrungsmittelproduktion und Naturschutz konkurrieren um dieselben Flächen. Vor diesem Hintergrund erforscht Vattenfall im Projekt WIN@Sea („Wind Energy and Nature-based solutions integrated at sea“) gemeinsam mit Partnern, wie sich Offshore-Windparks sinnvoll mehrfach nutzen lassen – etwa für die Kultivierung von Algen und Muscheln.

Tim Wilms

Der Niederländer studierte Meeresbiologie und promovierte an der DTU Aqua, der Technischen Universität Dänemark. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Wiederherstellung und Überwachung von Steinriffen in dänischen Gewässern. Derzeit arbeitet er als Bioscience Expert bei Vattenfall und befasst sich mit Themen rund um marine Biodiversität, Fisch- und Benthoslebensräume – und unterstützt diese Projekte von der Bauphase bis zur Stilllegung unserer Offshore-Windparks.

Tim Wilms - am Strand stehend und auf das Meer blickend.

Tim Wilms, Bioscience Experte bei Vattenfall Foto: 27 Kilometer Entertainment, Hamburg

Tim Wilms, Bioscience Experte bei Vattenfall, bringt dafür umfassende Expertise mit: Der promovierte Meeresbiologe aus den Niederlanden hat sich in seiner wissenschaftlichen Laufbahn mit der Wiederherstellung und Überwachung von Steinriffen sowie mit Offshore-Strukturen wie Ölplattformen und Windparks beschäftigt. Bei Vattenfall begleitet er Projekte zur marinen Biodiversität wie Fisch- und Benthoslebensräume und unterstützt diese über den gesamten Lebenszyklus der Offshore-Windparks – von der Bauphase bis zur Stilllegung.

Im Projekt WIN@Sea arbeitet Vattenfall mit der Universität Aarhus, DTU Aqua, der Universität Kopenhagen, dem Algenproduzenten Kerteminde Seafarm und dem öffentlichen Aquarium Kattegatcentre zusammen. Ziel ist es, herauszufinden, wie Algen und Muscheln innerhalb eines Offshore-Windparks kultiviert werden können. Dieses sogenannte „Multi-Use“-Konzept erhielt im Sommer besondere Aufmerksamkeit durch eine Vattenfall-Kommunikationskampagne mit dem amerikanischen Schauspieler Samuel L. Jackson, der in Werbespots für Algensnacks wirbt – eine in Asien verbreitete Zutat, die in Europa noch relativ neu ist.

WIN@Sea ist eines von drei Pilotprojekten im EU-finanzierten Projekt OLAMUR, das noch bis Ende 2026 läuft und aus einem breiten Konsortium aus verschiedenen Partnern besteht. „Mit dieser außergewöhnlichen Zusammenarbeit wollen wir das Potenzial moderner Windparks aufzeigen: Sie erzeugen nicht nur fossilfreien Strom, sondern können auch zur nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion und zur Regeneration mariner Ökosysteme beitragen“, sagt Tim Wilms.  Angesichts des begrenzten Raums auf See – insbesondere in der Nordsee – ist eine intelligente Flächennutzung entscheidend.

Infografik

Infografik zur Flächennutzung zwischen den Windkraftanlagen im Projekt WIN@sea

Vattenfall übernimmt im Projekt die Leitung des Arbeitspakets „Sicherheit und Logistik“ und stellt sicher, dass alle Aktivitäten den Offshore-Sicherheitsstandards entsprechen. Zudem stellt das Unternehmen den Demonstrationsstandort für die Hauptaktivitäten bereit. Tim Wilms: „Am Ende des Projekts werden wir alle Herausforderungen und Erkenntnisse zusammentragen, um Leitlinien für die Offshore-Mehrfachnutzung für andere Meeresnutzer zu erstellen – mit dem Ziel, eine Skalierung in naher Zukunft zu unterstützen.“

Die ersten beiden Wachstumsphasen von Algen und Muscheln fanden im dänischen Windpark Kriegers Flak statt – dem größten Windpark Skandinaviens, etwa 15 Kilometer östlich der Insel Møn. Die Wahl fiel auf diesen Standort aufgrund günstiger Bedingungen wie geringer Schiffsaktivität, geeigneter Wellen- und Strömungsverhältnisse sowie der Nähe zur Küste und zum Vattenfall-Betriebsstandort Klintholm.

Trotz sorgfältiger Planung traten Herausforderungen auf: Mehrere Kollisionen von Schiffen mit den Strukturen führten zum Verlust von Algenleinen und Ausrüstung. Dies zeigte, wie wichtig eine bessere Sichtbarkeit und ein höheres Bewusstsein anderer Meeresnutzer für die Aktivitäten im Windpark sind. Zudem erschwerte der niedrige Salzgehalt das Wachstum bestimmter Algenarten wie Zucker-Kelp, was zu geringer Biomasse bei der Ernte führte. Daher wurde das Projekt Ende 2024 auf den Windpark Vesterhav Syd in der dänischen Nordsee ausgeweitet, wo die Salzgehalte bessere Erträge versprechen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Projekts ist die Öffentlichkeitsarbeit. Das Kattegatcentre engagiert sich stark dafür, die Bevölkerung über die Vorteile von Algen und die Bedeutung der Mehrfachnutzung zu informieren. Es organisiert Familienevents, Kochkurse mit Fokus auf Algen und Muscheln sowie Sommercamps, in denen Kinder zu „Blue Agents“ – Hütern der Ozeane – ausgebildet werden. Ein eigens entwickeltes Dilemma-Brettspiel für Jugendliche regt zur Auseinandersetzung mit der klugen Nutzung des Meeresraums an.

Ein entscheidender Faktor für die Skalierung des Algenanbaus offshore wird die Akzeptanz von Algen als alltägliche Zutat sein. Sie bieten zahlreiche gesundheitliche Vorteile – und sind laut Tim Wilms auch geschmacklich überzeugend: „Ich persönlich finde sie köstlich“, sagt er mit einem Lächeln.

Weitere Informationen: Windpark-Algensnacks und der Zusammenarbeit mit Samuel L. Jackson

Das komplette Interview, geführt von Astrid Dose, erschien am 15. Oktober beim Cluster Erneuerbare Energien Hamburg: Algenfarmen in Offshore-Parks - Erneuerbare Energien Hamburg | EEHH

Mehr Informationen

Offshore Windpark Nordlicht – Seeminen aus dem Zweiten Weltkrieg sicher entfernt

Das Geoscience-Team des Offshore Windpark Nordlicht-Projekts hat Fundmunition in der Nordsee beseitigt.

Lesen Sie den gesamten Artikel

"Die Energiewende können wir nicht mehr umkehren"

Das t-online-Interview mit Vattenfall-Deutschlandchef Robert Zurawski zur aktuellen Lage der Energiewende.

Lesen Sie den gesamten Artikel

Vattenfalls neuer Solarpark wird Lebensraum für Insekten, Vögel und Fledermäuse

Mit einem Spatenstich startet Vattenfall den Bau eines 80 MWp-Solarparks in Juliusburg/Krukow.

Lesen Sie den gesamten Artikel