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Ausbildung ermöglicht Neuanfang: zwei Geschichten, ein Ziel

Anas Bardan und Hussein Mohamed teilen das gleiche Schicksal: Die schwierige Flucht aus ihrer Heimat. Nun haben beide in Hamburg ein neues Leben begonnen und ihre Lebenswege kreuzen sich zum ersten Mal beim gemeinsamen Arbeitgeber Vattenfall. Hier machen beide ihre Berufsausbildung. Sie berichten davon, wie sie das alles geschafft haben. Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in der Zeitung Basar – Zeitung für Bildung, Arbeit, Selbstständigkeit aus der Region:

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Anas Bardan, 26 Jahre alt (links) und Hussein Mohamed, 20 Jahre alt.

Das Erste, was uns bei Anas und Hussein auffällt, ist die Freundlichkeit und das Selbstvertrauen, das sie ausstrahlen. Beide teilen dasselbe Schicksal: Sie mussten ihre Heimat verlassen und sich ein neues Leben mit Zukunftsperspektive hart erarbeiten. Ansonsten bringen sie ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit: Hussein kommt aus einfachen Verhältnissen, Anas aus einer Akademiker-Familie.

Ursprünglich wollte Anas Bardan (26) Architektur in Damaskus studieren. Dafür machte er Abitur und nahm an einem Austausch in Russland teil. Mit dem Ausbruch des Bürgerkrieges endete für ihn der Traum vom Architekturstudium. Seine Familie verließ Syrien, um in Malaysia oder in der Türkei neu anzufangen, denn dort konnten syrische Bürger auch ohne Visum einreisen. Da die beruflichen Aussichten in Malaysia wenig erfolgversprechend waren, entschied sich die Familie, ihr Glück in der Türkei zu suchen. Hier fand Anas Bardan auch schnell einen Job, zunächst in der Tourismusbranche: „Ich beherrsche einige Sprachen, das hat mir den Einstieg in diesen Bereich relativ einfach gemacht“, so Anas Bardan. Er arbeitete auch im Vertriebsbereich in der Luftfahrtindustrie, doch er wollte mehr. Seine Chancen in der Türkei waren jedoch begrenzt. „Im Rahmen eines Türkisch-Sprachkurses lernte ich damals eine deutsche Frau kennen, die mir empfahl, mich beruflich auch in Deutschland umzusehen“, erzählt Anas Bardan.

Sobald sich seine Familie eigenständig in der Türkei versorgen konnte, machte er sich allein auf den Weg nach Deutschland. Über Griechenland gelangte er schließlich 2014 nach Deutschland. Er wohnte zunächst eine Weile in Hamburg, bei der Schwester seiner deutschen Bekannten aus der Türkei. Schnell lernte er die deutsche Sprache. „Es war sehr hilfreich, dass wir innerhalb der Familie meiner Bekannten nur Deutsch gesprochen haben“, sagt Anas Bardan. Doch auch in Hamburg gestaltete sich ein berufliches Weiterkommen schwierig. „Mein Abitur wurde in Deutschland nicht anerkannt und ohne Abi waren meine beruflichen Chancen in Deutschland sehr gering. Ich wollte nicht zum Mindestlohn arbeiten, daher habe ich mich später doch noch für eine schulische Laufbahn in Deutschland entschieden“, betont Anas Bardan. So nahm er am Studienkolleg in Hamburg an einem Vorbereitungsjahr für Menschen teil, die in ihrem Herkunftsland zwar eine Hochschule besucht haben, deren Abschluss in Deutschland aber nicht anerkannt wird. Hier machte er sein Wirtschaftsabitur und nahm an einem Kurs zur Vorbereitung auf ein Studium teil. „Ohne diesen Vorbereitungskurs hätte ich wahrscheinlich die Uni nicht geschafft“, erzählt er rückblickend. Seinen Traum, Architektur zu studieren, verfolgte er in Deutschland nicht weiter. „Ich habe erfahren, dass die beruflichen Aussichten für Architekten sich schwierig gestalten.“

Freunde machten ihn schließlich auf berufliche Möglichkeiten in der Energiewirtschaft aufmerksam. Dabei stieß er schließlich auf die Angebote von Vattenfall und bewarb sich dort für ein duales Studium. Auf seine Bewerbung hin wurde er zu einem Interview eingeladen. Weiter ging es zu einem Assessment in fakultativer Form, wo seine Leistungen überzeugten, und so konnte sein Studium bei Vattenfall beginnen. Auf die Frage, was ihm dort besonders gut gefalle, zögert Anas Bardan nicht lange: „Mir gefällt, dass ich bei Vattenfall in vielen verschiedenen Bereichen eingesetzt werde und Auslandseinsätze möglich sind. So kann ich überall mal reinschauen. Außerdem begegnen mir die Ausbilder immer auf Augenhöhe und schenken mir viel Vertrauen. Auch, dass man bei Vattenfall gute Übernahmechancen nach dem Studium hat, finde ich sehr gut.“

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Anas Bardan (li.) und Hussein Mohamed im Ausbildungszentrum bei Vattenfall in Hamburg.

Hussein Mohamed (20) stammt aus Aleppo. Als Kind wollte er Zahnarzt werden. Doch wie bei Anas Bardan endete dieser Traum mit dem Krieg. Hussein Mohamed musste deswegen die Schule in der 8. Klasse abbrechen und aus Syrien flüchten. Zunächst ging seine Familie in den Libanon, wo er bei seinem Onkel als Fliesenleger arbeitete. Danach suchten sie in der Türkei ihr Glück. Doch auch in der Türkei gelang ihm und seiner Familie der berufliche Anschluss nicht. Ohne Schulabschluss gab es für ihn kaum Aussicht auf eine gute Anstellung. Schließlich war es sein Cousin, der bereits in Deutschland lebte, der ihn von den beruflichen Möglichkeiten in Deutschland überzeugte. „Die Möglichkeiten schienen für mich in Deutschland einfach besser zu sein. Ich habe darüber mit der Familie gesprochen und 2015 beschlossen, über die Balkanroute nach Deutschland zu flüchten. Erst nach München, dann nach Hamburg.“ Hussein Mohamed war damals gerade einmal 17 Jahre alt und wurde von einem Flüchtlingslager ins nächste geschickt, bis er nach zwei Jahren einen rechtmäßigen Asylstatus erhielt. „Ich habe sofort die Gelegenheit genutzt, meinen Schulabschluss nachzuholen.“

Zunächst musste er aber das komplette deutsche Alphabet lernen. Danach konnte er eine Weiterbildung auf der Berufsschule für Stahl- und Maschinenbau in Hamburg machen, um sich auf eine Ausbildung vorzubereiten. Seine Berufsschule hatte viele Kooperationsprojekte mit unterschiedlichen Unternehmen und so konnte Hussein viel Praxiserfahrung sammeln, um sich ein eigenes Bild von unterschiedlichen Berufen zu machen. Er nutzte die Gelegenheit und machte zunächst Praktika im Bereich Zahnmedizin, da ihn dieser Berufsbereich nach wie vor interessierte. „Dabei habe ich erfahren, dass dieser Berufsbereich doch nichts für mich ist“, erzählt Hussein Mohamed. Mithilfe seiner Lehrer orientierte er sich beruflich neu und entdeckte sein Interesse für den technischen Bereich. Daraufhin gewann er in unterschiedlichen Unternehmen, darunter auch Vattenfall, weitere Einblicke und erlebte deren Arbeitsabläufe hautnah. „So fiel mir die Entscheidung leicht – ich wollte eine Ausbildung zum Mechatroniker machen.“ Vattenfall hinterließ bei Hussein einen bleibenden Eindruck. Daher entschied er, sich auch dort zu bewerben, woraufhin er direkt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. „Mein Vorstellungsgespräch lief gut, der darauffolgende Einstellungstest war aber schwieriger, da dieser Einstellungstest natürlich für Muttersprachler vorgesehen ist“, fügt Hussein Mohamed hinzu. Er hatte jedoch durch sein persönliches Auftreten und sein praktisches Wissen auch einen guten Eindruck bei Vattenfall hinterlassen, sodass man ihm einen weiteren Test anbot, der praktischer orientiert war. Der neue Einstellungstest ermöglichte es Hussein Mohamed, seine Stärken einfacher zu zeigen. Im Juni 2018 wurde er dann für eine dreieinhalbjährige Ausbildung angenommen. „Mir gefällt, dass die Mitarbeiter hier so freundlich sind. Die Ausbilder sind auch sehr hilfsbereit und lassen uns nicht im Stich“, sagt Hussein Mohamed und lächelt. 

Sowohl Anas Bardan als auch Hussein Mohamed sind in ihrer neuen Heimatstadt Hamburg endlich angekommen und schmieden Zukunftspläne:

„Ich möchte so viel wie möglich lernen, berufliche Erfahrung sammeln und erst einmal bei Vattenfall bleiben“, sagt Anas Bardan zufrieden. Hussein Mohamed stimmt ihm zu: „Auch ich kann mir gut vorstellen, nach meiner Ausbildung zum Mechatroniker weiterhin bei Vattenfall zu bleiben. Ich würde gerne im Außendienst arbeiten oder im Kraftwerk für die Wartung zuständig sein.“

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