Klimaschutz in Städten hat eine zentrale Bedeutung für ihre Bewohner und die Umwelt. Neben klimaschonender Wärme muss auch die Kälteversorgung in die Überlegungen mit einfließen. Fernkälte kann dabei eine Rolle spielen, wenn sie wie in der City Nord in Hamburg ein ganzes Quartier versorgt.
IN ZAHLEN
In Betrieb: seit 1968
Modernisierung: 2018 - 2021
Länge des Leitungsnetzes: 12 Kilometer; 3 Hauptstränge
Halbwerk 1:
Vier Kältemaschinen mit insgesamt 16.600 kW, Baujahre 1997 - 2014
Halbwerk 2:
Drei Kältemaschinen mit insgesamt 21.900 kW, Baujahre 1974 – 1982, neu in Planung: 2018
Sie werden ab 2018 durch neue, effizientere Kältemaschinen ersetzt. Leistung der neuen Anlagen: insgesamt 14 Megawatt.
Beide Halbwerke zusammen haben etwa eine Leistung von etwa 400.000 Kühlschränken.
Transportierte Wassermenge: bis zu 3.500.000 Liter Wasser.
Die City Nord, in den 1960er Jahren als Bürostadt für die Moderne geplant, zwischenzeitlich in den Ruhestand gefallen, entwickelt sich mittlerweile im rasanten Tempo zu einem modernen Quartier mit Büros, Wohnungen und Geschäften. Die Kälte für Räume und Rechenzentren kommt seit 50 Jahren aus dem Fernkältewerk der City Nord.
Doch wie wird eigentlich ein ganzer Stadtteil mit zentraler Kälte versorgt – anstatt in jeweils jedem Gebäude eine Klimaanlage zu installieren?
„Ein Fernkältewerk funktioniert grundsätzlich wie ein riesiger Kühlschrank – nur in einer anderen Größenordnung“, erklärt Nils Petersen, stellvertretender Anlagenleiter des Fernkältewerks in der City Nord. „Außerdem wird ein Leitungsnetz benötigt; hier sind es 12 Kilometer.“
Der Transport
Das sechs Grad Celsius kalte Wasser wird über die drei Hauptstränge des Fernkältenetzes in die Gebäude der City Nord gepumpt. Die Wärmemengen aus den Klimaanlagen werden vor Ort auf das Kaltwasser übertragen. Das auf rund 15 Grad Celsius erwärmte Wasser kommt über die drei Hauptleitungen des Fernkältenetzes wieder zurück zum Kältewerk. Hier wird es wieder auf rund 6 Grad abgekühlt.
Die Kältemaschinen
Im Werk sieht die Anlage eher nicht wie ein Kühlschrank aus – Kraftwerk trifft es eher. Die sieben Kältemaschinen der beiden Halbwerke sind nebeneinander an Sammelschienen angeordnet. Weiterhin sind Rückkühltürme mit den dazugehörigen Pumpen, Kaltwassersysteme sowie Druckhalte-Einrichtungen, Mess- und Regeltechnik und Schaltanlagen vor Ort. „Wir steuern die Anlage im Zwei-Schichtsystem; nachts wird alles aus der Systemführung im Kraftwerk Tiefstack fernüberwacht.“
Die Kühlung
Für die notwendige Kühlung des Prozesswassers werden Kühltürme benötigt. Sie stehen auf dem Dach und neben dem Kältewerk.
Ventilatoren saugen Luft an; Wärme wird aus dem Kühlwassersystem an die Umgebungsluft abgegeben. In einer Kaskade wird das Kühlwasser verrieselt und in der Kühlturmtasse wieder aufgefangen. Die aufsteigenden Dampfschwaden sind in der Regel kaum sichtbar – außer bei feuchteren und kühleren Wetterlagen, wenn die Luft schon weitgehend mit Feuchtigkeit gesättigt ist.
Effizienz
„Mit rund 150 Kilowatt elektrischer Leistung erzeugen wir ein Megawatt Kälte. Leistung und Effizienz der Anlage können sich also sehen lassen“, erläutert Nils Petersen. Mit der Kälteanlage 2 aus dem Jahr 2014 werden noch größere Effizienzen erzielt. Insbesondere im Winter kommt die Anlage durch die sogenannte freie Kühlung ohne Maschinenleistung aus. Das Wasser läuft dann über einen Wärmetauscher; lediglich Pumpen sorgen für den Transport des Wassers. Der eingesparte Energieverbrauch führt zu einer deutlich höheren Effizienz. An heißen Tagen werden bis zu 3,5 Millionen Liter Wasser umgewälzt.
Dezentrale versus zentrale Kälte
Gebäudeeigentümer wollen vor allem die Betriebskosten für ihre Gebäude optimieren und Wartung und Instandhaltung der Hausanlage möglichst einfach halten. „Aber auch wenn technische Gebäudeausrüstung heute meist bedeutet, dass Gebäude maßgeschneiderte Klimaanlagen bekommen, ist das Konzept Fernkälte umweltschonender und damit zukunftstauglich“, so das Fazit von Nils Petersen. „Vor allem die neuen Kältemaschinen steigern die Energieeffizienz deutlich - ohne Abstriche bei der Versorgungssicherheit zu machen. Auch nach 50 Jahren Betrieb ist die Anlage daher immer noch ein Modell für die Zukunft.“
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