Wieringermeer

Power Purchase Agreements - Säule beim Ausbau der erneuerbaren Energien

Stromlieferverträge wie Power Purchase Agreements (PPAs) rücken immer mehr ins Blickfeld der Betreiber von Photovoltaik- und Windanlagen sowie der großen Stromverbraucher und Händler. Eine der derzeit im Markt diskutierten Fragen ist, wie sich Anlagen zur Erzeugung Erneuerbarer künftig rentieren, für die in den nächsten Jahren die Förderung ausläuft. Gleiches gilt für Neuanlagen, die absehbar ohne EEG auskommen müssen. Zugleich steigt im Markt die Nachfrage nach „echtem“ Grünstrom.

 

Was sind PPAs eigentlich? Welche Arten von PPAs gibt es und wie sehen die Rahmenbedingungen für PPAs in Deutschland derzeit aus? Wie sind die Aussichten für PPAs und was können Rezepte für funktionierende PPAs sein?

Mieth_Hanno_big.jpgHanno Mieth, bei Vattenfall Trading für die Entwicklung von Power Purchase Agreements für Wind-Weiterbetriebsanlagen und Photovoltaik-Neuinvestitionen in Deutschland zuständig, gibt einen Überblick.

Was ist ein (Corporate) Power Purchase Agreement?

Ein Power Purchase Agreement ist ein langfristiger Stromliefervertrag zwischen einem Anlagenbetreiber (Verkäufer) und einem Stromabnehmer (Käufer). Der Käufer kann dabei sowohl ein zwischengeschalteter Energiehändler oder Energieversorger sein, oder direkt ein industrieller Großverbraucher. Das sind zum Beispiel Unternehmen, die für ihre Geschäftstätigkeit große Rechenzentren benötigen. Ist ein Energiehändler zwischengeschaltet, kann dieser zeitliche und strukturelle Risiken in der Lieferung übernehmen und bedarfsgerecht für Verkäufer und Käufer managen. Die Verträge werden in der Regel für die Dauer bis zu zehn Jahren geschlossen; aber auch kurzfristigere PPAs sind möglich und bieten Chancen.

Strom direkt über solche Verträge zu verkaufen, ist in der Energiebranche nicht neu. Seit langem ist es üblich, Direktverträge mit energieintensiven Kunden abzuschließen, die ihre Preise langfristig sichern wollen. Grundsätzlich können die Verträge alle Arten von Energielieferungen abdecken, also auch mit fossil erzeugtem Strom. In der neuen Energiewelt versteht man heute unter Corporate Power Purchase Agreements die Lieferung erneuerbar erzeugten Stroms von einer Windkraftanlage, einer Photovoltaik-, Biomasse- oder Wasserkraftanlage an einen industriellen Endabnehmer.

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Der Erzeuger der erneuerbaren Energie erhält einen festgelegten Preis pro Megawattstunde (MWh). So kann er für sein Investment mit festen Erlösen rechnen und der Bank die notwendige Sicherheit bieten. Der Großkunde kann damit sicher stellen, dass er die erneuerbar erzeugte Stromlieferung entweder direkt von einer bestimmten Erzeugungsanlage oder von einem grünen Portfolio zu einem festen Preis für die Dauer des Vertrages erhält. Der Nachweis über die grüne Qualität und Herkunft erfolgt über die Lieferung von Herkunftsnachweisen der erzeugenden Anlagen.

Warum liegen PPAs im Trend?

Derzeit gibt es zwei Entwicklungen am Markt, die sich gegenseitig verstärken.

Zum einen sinken in Europa die Fördersätze für erneuerbare Energie oder laufen in absehbarer Zeit aus, insbesondere im Bereich Offshore Wind. Dieser Trend wird sich noch fortsetzen. Ohne Förderungen müssen Betreiber von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien nach Möglichkeiten suchen, zumindest einen Teil ihres Investitionsrisikos abzusichern. Ein Weg dies zu erreichen, ist es die zukünftige Produktion an einen Abnehmer zu verkaufen.

Daneben sind Unternehmen zunehmend auf der Suche nach Energielösungen, mit denen sie ihre ambitionierten Nachhaltigkeitsziele erfüllen können und fragen verstärkt nach einer direkten Belieferung mit grünem Strom. 2017 waren es schon fast die Hälfte der Fortune 500 Unternehmen, die sich Klimaziele gesetzt hatten. Waren darunter zunächst globale IT-Unternehmen mit großem Energiebedarf wie Facebook oder Microsoft, gibt es inzwischen ein wachsendes Interesse aus allen Branchen.

Welche Arten von PPAs gibt es?

PPAs unterscheiden sich danach, wer Eigentümer der Stromproduktion oder wer deren Abnehmer ist – sowie nach der Art der Stromübertragung. 

On-site PPA

Der Entwickler und Betreiber des Wind- oder Solarparks verkauft den Strom direkt an einen Großabnehmer. Dieser sichert sich stabile Preise und Zugang zu grüner Energie. Der Verkäufer ist nicht abhängig von Subventionen, hat ein geringeres Marktpreisrisiko und sichert sich langfristig stabile Einnahmen.

Ein Beispiel: Im Herbst 2017 haben Vattenfall und Microsoft in den Niederlanden einen Zehnjahresvertrag geschlossen über die Versorgung mit grüner Energie aus dem neuen Windpark Wieringermeer, direkt neben dem Rechenzentrum gelegen.

Wieringermeer

Windpark Wieringermeer in den Niederlanden

Sleeved PPA

Bei dieser Variante wird ebenfalls ein Strombezugsvertrag über die physische Lieferung von grünem Strom vereinbart. Da sich die Anlage jedoch nicht auf dem Grundstück des Großkunden befindet, erfolgt die Stromlieferung über das Netz. An- und Verkauf des Stroms erfolgt durch einen Händler, der meist weitere Leistungen mit anbietet - wie Serviceleistungen für Ausgleichsenergie, Vorhersagen oder Optimierung der Stromproduktion.

Ein Beispiel: Im Mai 2018 schlossen Vattenfall und Facebook einen Vertrag über die Belieferung eines Rechenzentrums in Dänemark und Schweden, die mit Windenergie aus Norwegen versorgt werden.

Vattenfall bezieht zurzeit rund 4,5 Gigawatt erneuerbaren Strom über Verträge mit Dritten und will diese Zahl bis 2020 nahezu verdoppeln.

Synthetic oder Financial PPA

Möglich sind auch PPAs, bei denen keine physische, sondern eine virtuelle Stromlieferung erfolgt. Der Handel des grünen Stroms erfolgt dabei über die Strombörse. Bei diesen Verträgen wird das Marktpreisrisiko abgesichert und die Stromlieferung mit Herkunftsnachweisen (Certificate of Origin) abgedeckt.

Insgesamt gibt es für Power Purchase Agreements vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten wie zum Beispiel:

  • Ausgleichsmanagement und indexierter Strompreis
  • Festgelegter Zertifikatspreis und indexierter Strompreis
  • Festgelegter Strompreis plus Stromliefermenge
  • „Pay-as-produced“ 

Wie werden sich die Rahmenbedingungen für PPAs in Europa entwickeln?

Corporate Power Purchase Agreements haben im letzten Jahr Rückenwind bekommen – durch abstürzende Preise für die Erzeugung von erneuerbarer Energie, das Auslaufen der EEG-Förderungen sowie die steigende Nachfrage der Unternehmen nach Grünstrom,“ erklärt Hanno Mieth. „Dieser Trend wird sich unserer Ansicht nach fortsetzen. Als einer der großen Player im Markt mit langjähriger Erfahrung haben wir sowohl das technische Know-how als auch ein breites Spektrum an Erzeugung Erneuerbarer und können dieses sowohl Industriekunden als auch Entwicklern anbieten.“

Wie sehen die Rahmenbedingungen für PPAs in Deutschland aus?

In Deutschland dürfen Betreiber von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien die grüne Eigenschaft des Stroms nur einmal verkaufen. Das heißt, sie können entweder die EEG-Förderung wählen oder den grünen Strom im Strommarkt ohne Förderung verkaufen. So lange die Förderungsbeträge jedoch über dem erzielbaren Marktpreis liegen, wird es wenig neu gebaute Anlagen mit Erzeugung Erneuerbarer geben, die für PPAs verfügbar sind.

Hanno Mieth gibt einen Ausblick: „Wir erwarten – und da sind wir nicht die einzigen Marktteilnehmer – dass als Folge der Ausschreibungen die Fördersätze sinken werden. Ab 2021 werden außerdem die ersten Windparks keine EEG-Förderungen mehr erhalten und müssen weiter refinanziert werden. Im Gegensatz zu den nordischen Märkten werden wir in Deutschland mehr kurzfristige PPAs sehen, also für ein bis fünf Jahre, da die Förderungen für die Anlagen sukzessive auslaufen. Es wird also zunehmend grüner Strom am Markt für PPAs verfügbar sein - das wird der Markt lösen.“  

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