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"Die Kosten von Solarparks lassen sich derzeit schwer kalkulieren"

Wo steht Vattenfall am deutschen Solarmarkt? Welche Wachstumspotenziale gibt es mit langfristige Stromlieferverträge (PPAs) und wie wirken sich unterbrochene Lieferketten bei der Projektrealisierung auf das PPA-Geschäft aus? 

Darüber sprach Claus Wattendrup, Chef der Geschäftseinheit Solar & Batteries bei Vattenfall, mit Rouben Bathke von der Onlineplattform energate. Das Interview erschien am 28. Juni 2022 im energate messenger+.

Claus Wattendrup, Chef der Geschäftseinheit Solar & Batteries bei Vattenfall

energate: Herr Wattendrup, derzeit erfährt der deutsche Solarmarkt einen erneuten Boom. Wie macht sich die aktuelle Marktdynamik bei Vattenfall bemerkbar und wo sehen Sie die Treiber? 

Wattendrup: Wenn man sich die jährlichen Zubauzahlen für Photovoltaik der vergangenen fünf Jahre anschaut, so ist ein deutliches Wachstum auf zuletzt etwas mehr als 5.000 MW im Jahr 2021 erkennbar. Allerdings würde ich noch nicht von einem Boom reden. Dazu sind wir noch zu weit weg von der 20 GW Zubaurate, die sich die Regierungskoalition in ihrem Koalitionsvertrag wünscht. Doch es ist richtig, die Nachfrage nach Photovoltaik ist sowohl im privaten Bereich als auch auf Seiten der Unternehmen zuletzt deutlich angestiegen. Das erleben wir in Gesprächen mit unseren Partnern aus der Industrie, die schnellstmöglich auf fossilfreie Technologien umstellen wollen und hierfür entsprechende Mengen Grünstrom nachfragen. Dafür wird keine staatliche Förderung benötigt, die Projekte tragen sich selbst. Allerdings dauert es leider immer noch viel zu lange, neue Solarparks in Deutschland zu genehmigen. Ich hoffe, dass wir hier in den nächsten Monaten die Grundlagen legen können, um Prozesse zu beschleunigen, beispielsweise durch entsprechende Änderungen im Baugesetzbuch. 

energate: Langfristige Stromlieferverträge (PPAs) gelten als geeignetes Instrument, die Nachfrage aus Industrie und Gewerbe zu bedienen. Welche Wachstumspotenziale sehen Sie hier im aktuellen Marktumfeld? 

Wattendrup: Das ist richtig. Der Zubau förderfreier, großer Solaranlagen außerhalb des EEG bildet in Kombination mit grünen Corporate PPAs ein gutes Tandem für die Dekarbonisierung der Industrie und für mehr Klimaschutz, Stichwort Grünstromzertifikate. Wenn Sie heutzutage eine große Freiflächen-PV-Anlage bauen, denken sie das Thema PPA gleich mit - und das zu beiderseitigem Nutzen für Kunde und Anbieter. Der Stromkunde erhält langfristig grünen Strom, der nicht den extremen Marktpreisschwankungen unterliegt, wie wir sie aktuell sehen. Der Betreiber der Anlage reduziert sein Finanzierungsrisiko für die Anlagen, was letztlich zu günstigeren Konditionen führt. Idealerweise sollten Zubau von erneuerbarer Kapazität und die Nachfrage nach PPA möglichst Hand in Hand gehen. Wir sehen aber, dass gerade die Nachfrage nach PPA deutlich angezogen hat. Damit wären wir wieder bei den Zubauzahlen, die deutlich nach oben gehen müssen, um hier Schritt zu halten. Denn irgendwo muss der vermarktbare Grünstrom ja herkommen. 

energate: Zuletzt haben unterbrochene Lieferketten die Projektrealisierung erschwert und Kosten steigen lassen. Wie wirken sich solche Herausforderungen auf das preissensible PPA-Geschäft aus? 

Wattendrup: Das ist in der Tat eine herausfordernde Aufgabe, vor der wir jetzt stehen und für die wir gemeinschaftlich Lösungen finden müssen, die sowohl für den Kunden als auch für uns als Anbieter tragfähig sind. Die Kosten für die Errichtung einer großen Photovoltaik-Anlage lassen sich derzeit wesentlich schwerer kalkulieren. Wir führen deshalb zahlreiche Gespräche mit unseren Partnern auf der Abnehmerseite, wie sich Preisrisiken für beide Seiten bestmöglich handhaben lassen. Hier sehen wir die Bereitschaft zu einer fairen Risikoaufteilung. Denn zurzeit ist es im Rahmen der Projektentwicklung extrem herausfordernd zu bestimmen, was ein Projekt zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung tatsächlich kosten wird. Die Bereitschaft, hier neue Wege zu gehen, halte ich für einen sehr partnerschaftlichen Ansatz, der Schule machen wird. 

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